SAFE-Studie

Gemischte Bilanz bei Europas Corona-Hilfen

Das Leibniz-Institut für Finanzmarktforschung SAFE hat eine durchwachsene Bilanz der europäischen Corona-Hilfsprogramme gezogen, die zu Beginn der Pandemie aufgelegt wurden. Insbesondere das ESM-Kreditprogramm für die Euro-Staaten habe sich als Ladenhüter erwiesen, hieß es.

Gemischte Bilanz bei Europas Corona-Hilfen

ahe Brüssel

Die drei zu Beginn der Coronakrise auf europäischer Ebene aufgelegten Hilfsprogramme im Volumen von gesamt 540 Mrd. Euro sind einer Untersuchung des Leibniz-Instituts für Finanzmarktforschung SAFE zufolge von den EU-Staaten höchst unterschiedlich an- und aufgenommen worden. Profitiert haben demnach insbesondere die südeuropäischen Länder. „Dagegen haben nord- und mitteleuropäische, aber auch osteuropäische Staaten die Hilfen entweder gar nicht erst in Anspruch genommen oder im Vergleich mit Ländern in Südeuropa weit weniger Kreditzusagen erhalten“, erklärte der Autor der Studie, Vincent Lindner. Die Umsetzung der drei „Sicherheitsnetze“ habe eine klare Trennung zwischen den drei Gruppen innerhalb der EU gezeigt. Osteuropäische Länder hätten von den Programmen nicht so profitieren können und sich deshalb teilweise für ein Opt-out entschieden.

Zu dem 540-Mrd.-Programm gehören die von der EU-Kommission bereitgestellten 100 Mrd. Euro Sure-Kredite zur Unterstützung von Kurzarbeitergeldern, der von der Europäischen Investitionsbank (EIB) aufgelegte Garantiefonds, der bis zu 200 Mrd. Euro für Unternehmen mobilisieren sollte, sowie die speziellen, nahezu konditionsfreien Coronakredite des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM).

Die SAFE-Studie nennt das Gesamtvolumen wenig realistisch und veranschlagt die Summe der Sofortmaßnahmen eher auf unter 125 Mrd. Euro. Dabei ändert der Autor allerdings die Berechnungsgrundlage und bezieht beim EIB-Programm nicht die Zielmarke der zu mobilisierenden Gelder ein, sondern lediglich die Höhe der hierfür von den Staaten bereitgestellten Garantien von 24,4 Mrd. Euro.

SAFE-Wissenschaftler Lindner verwies darauf, dass das EIB- und das Sure-Programm der Kommission wohl ausgeschöpft würden, während sich der „Pandemic Crises Support“ (PCS) des ESM als Ladenhüter erwiesen habe. Kein EU-Mitgliedstaat habe bisher einen Antrag auf Hilfen gestellt. „Theoretisch würde auch der PCS einigen Ländern eine günstigere Kreditaufnahme ermöglichen, die Bedingungen ähneln dem Sure-Programm“, so Lindner. Am Beispiel von Italien zeige sich jedoch, dass die Bereitstellung durch den ESM die Hilfsprogramme stark politisiert habe. „Das ist eine verpasste Chance.“ Italien hätte nach ESM-Berechnungen bis zu 8 Mrd. Euro durch die Inanspruchnahme sparen können.

Stigma des ESM

Zur Begründung wird in der Untersuchung auf das politische Stigma und das Marktstigma verwiesen, das mit einer Inanspruchnahme von ESM-Geldern verbunden gewesen wäre. Auch habe es das Argument gegeben, dass das PCS ohnehin nie dazu gedacht war, überhaupt eingesetzt zu werden, sondern nur die Finanzmärkte beruhigen sollte.

Die SAFE-Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die monetäre Solidarität das auffälligste Merkmal der drei Sicherheitsnetze war, während die fiskalische und soziale Solidarität begrenzt geblieben sei. Alle drei Corona-Hilfsprogramme hätten eine Risikoteilungskomponente enthalten, entweder zwischen den Mitgliedern der Währungsunion, allen EU-Ländern oder einer Gruppe von 22 Mitgliedstaaten im Falle des EIB-Garantiefonds. An diesem Programm hatten sich Tschechien, Estland, Ungarn, Lettland und Rumänien gar nicht erst beteiligt. „Hier zeigt sich die Fragmentierung der EU besonders deutlich“, so Lindner.

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