DIHK-Umfrage

Hohe Kosten treiben deutsche Industrie ins Ausland

Deutschland ist zu teuer und zu kompliziert. Unternehmen investieren zunehmend aus Kostengründen im Ausland. Darunter leidet der heimische Standort. Die DIHK schlägt Alarm.

Hohe Kosten treiben deutsche Industrie ins Ausland

Kosten treiben Unternehmen ins Ausland

DIHK mahnt höhere Attraktivität des Produktionsstandorts Deutschland an

wf Berlin

Deutsche Unternehmen geben zunehmend Kostengründe als Motiv für Investitionen im Ausland an. Nach einer Umfrage der Kammerorganisation DIHK führen dies inzwischen 35% der Unternehmen an. Der Wert ist damit fast wieder so hoch wie in der Finanzkrise 2008. Bei Unternehmen mit weniger als 200 Beschäftigten sei der Anteil mit 37% fast so hoch wie 2004, als Deutschland als „kranker Mann Europas” galt, konstatierte Ilja Nothnagel, Mitglied der DIHK-Hauptgeschäftsführung, vor der Presse in Berlin. Dies sei eine Reaktion auf die verschlechterten wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen im Land.

Nur noch leicht höher liegt das auf 35% abgesackte Motiv „Vertrieb und Kundendienst” für eine Auslandsinvestition. „Produktion zwecks Markterschließung” gaben nur noch 28% der Unternehmen als Motiv an. Ausgewertet und analysiert hat die DIHK die Investitionspläne von 1.900 Industrieunternehmen, die in Verbindung mit der Konjunkturumfrage zum Jahresbeginn 2024 abgefragt wurden.

„Immer mehr Betriebe investieren mittlerweile im Ausland, weil für sie der Standort Deutschland zu teuer und zu kompliziert ist”, sagte Nothnagel. Über lange Jahre seien Auslandsinvestitionen deutscher Unternehmen auch dem heimischen Markt zugutegekommen. Die Erschließung neuer Märkte sorge grundsätzlich für Impulse bei Investitionen und Beschäftigung im Inland. Nun beginne das Blatt sich zu wenden, konstatierte Nothnagel. „Dies ist ein alarmierendes Signal und zeigt, dass Deutschland als Produktionsstandort wieder attraktiver werden muss.”

Der Umfrage zufolge planen in diesem Jahr nur noch 42% der Unternehmen Auslandsinvestitionen. Allein 2023 waren es mit 41% fast so wenige wie im Krisenjahr 2009 mit 40%. Der Spitzenwert in jüngerer Zeit lag bei 49% (2017). Verringert habe sich der Saldo zwischen Unternehmen, die höhere, und solchen, die geringere Auslandsinvestitionen planten. Die Differenz liege nur noch bei 7 Prozentpunkten nach 13 Punkten im Vorjahr. Beides unterbiete den langfristigen Durchschnitt von 17 Punkten, stellte die DIHK fest. Nur noch 30% der Unternehmen planen höhere Auslandsinvestitionen, 1 Prozentpunkt weniger als 2023. Die Zahl der Unternehmen, die geringere Investitionen planen, stieg deutlicher von 18% auf 23%.

Neue Lieferketten

Bei den Zielregionen der Auslandsinvestitionen zeigt sich der DIHK zufolge, dass die Unternehmen ihre Lieferketten anpassen und diversifizieren. Spitzenreiter bleibt mit 65% – wenn auch sinkender Tendenz – zwar die Eurozone, aber der Raum Asien-Pazifik ohne China gewinnt an Bedeutung. Mit 32% will dort fast ein Drittel der Unternehmen investieren nach 29% im Vorjahr. In Nordamerika und China bleibt das Niveau mit 45% und 33% wie im Vorjahr.

Auslandsinvestitionen aus Kostengründen planen der DIHK zufolge vor allem Branchen mit Vorleistungsgüterproduzenten, darunter besonders die energieintensiven Industriezweige. In der Chemiebranche werde deutlich häufiger als im Durchschnitt das Kostenmotiv genannt. Noch etwas stärker sei dies bei der Kunststoff- und Gummiindustrie. Beim Kraftfahrzeugbau sei das Kostenmotiv auf gleichbleibend hohem Niveau.

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