Tankrabatt

Ifo stellt Preisreaktionen fest

Im Streit über die Spritpreise bekommet die Mineralölbranche Hilfe aus der Wissenschaft. Die Steuersenkung wird nach einer Untersuchung des Ifo-Institutes zur 85 bis 100% in den Preisen weitergegeben.

Ifo stellt Preisreaktionen fest

wf Berlin

Die Ölkonzerne geben den Tankrabatt weitgehend an die Verbraucher weiter. Zu diesem Ergebnis kommt das Wirtschaftsforschungsinstitut Ifo nach eigenen Berechnungen. Danach schlägt sich die Ermäßigung der Mineralölsteuer zum 1. Juni zu 85 bis 100% an der Tankstelle nieder, teilte das Ifo-Institut mit. „Beim Diesel haben die Tankstellen ihn zu 100% weitergegeben, also 17 Cent Steuersenkung je Liter“, erklärte Ifo-Experte Florian Neumeier. „Beim Super-Benzin waren es 29 bis 30 Cent von den 35 Cent Steuersenkung, also 85%.“

Neumeier hatte die Effekte zusammen mit Daniel Stöhlker und Ifo-Präsident Clemens Fuest berechnet. Verglichen wurden die Preise in Deutschland und Frankreich vor und nach dem 1. Juni. Dabei unterstellten die Wissenschaftler, dass die Preise hierzulande ohne Tankrabatt nach dem 1. Juni dem gleichen Trend gefolgt wären wie die französischen Benzinpreise. In Frankreich stiegen die Preise aber ebenfalls – und dies ohne Tankrabatt.

Hintergrund der Untersuchung ist ein heftiger Disput über die Höhe der Preise an der Tankstelle. Die Ampel-Koalition hat die Mineralölsteuer auf Benzin und Diesel temporär für drei Monate gesenkt, um die Autofahrer von den hohen Energiepreisen zu entlasten. Tatsächlich reagierten die Preise nach der Steuersenkung kaum. Dies schürte den Verdacht, die Mineralölindustrie habe die Senkung der indirekten Steuer nicht – oder nicht voll – in den Preisen an der Zapfsäule weitergegeben. Den Mehrerlös steckten sie in die eigene Tasche, lautet der Vorwurf.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will nun das Kartellrecht verschärfen, nachdem seine Forderung nach einer „Übergewinnsteuer“ auf Widerstand von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und den Liberalen im Bundestag stößt. In weiten Teilen der SPD stieß die Übergewinnsteuer auf Sympathie. Habeck will eine ohnehin geplante Reform des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) vorziehen. „Wir machen ein Kartellrecht mit Klauen und Zähnen“, sagte der Grünen-Politiker im Deutschlandfunk. Konkret geplant sind drei Dinge: Eine missbrauchsunabhängige Entflechtung soll Wettbewerb auf verfestigen Märkten schaffen. Niedrigere Hürden sollen eine kartellrechtliche Gewinnabschöpfung durch Beweislastumkehr und Verzicht auf einen Missbrauchsnachweis erleichtern und die Durchsetzungskraft des Bundeskartellamts erhöhen. Zudem sollen Sektoruntersuchungen dem Kartellamt mehr Handlungsspielraum einräumen.

Kritik an den Reformplänen zum GWB kamen vom Handel und aus der Mineralölindustrie. Der Hauptgeschäftsführer des Wirtschaftsverbandes Fuels und Energie, Adrian Willig, riet im Fernsehsender Phoenix dazu, eine Untersuchung des Kartellamts zu Kraftstoffen abzuwarten, bevor voreilig weitergehende Sanktionen „ohne irgendwelche Nachweise von Verstößen“ auf den Weg gebracht würden. Der Handelsverband HDE hält eine missbrauchsunabhängige Entflechtung und kartellrechtliche Gewinnabschöpfung ohne Schuldnachweis für „einen Irrweg“. Hauptgeschäftsführer Stefan Genth sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: „Ein solcher Blankoscheck für das Bundeskartellamt würde willkürliche und politisch motivierte Entscheidungen begünstigen.“

Der Vorsitzende der Monopolkommission, Jürgen Kühling, sprach sich für ein schärferes Wettbewerbsrecht aus, doch könne dies die aktuell sehr hohen Spritpreise nicht reduzieren. Kühling warnte zudem vor zu großer Hast. Habecks Vorschläge gingen in die richtige Richtung, „es sind aber keine kurzfristigen Instrumente“, sagte er der Stuttgarter Zeitung. Auch der Chef des Wirtschaftsforschungszentrums ZEW, Achim Wambach, begrüßt den Plan zur Beweislastumkehr. „Das Kartellrecht er­laubt schon jetzt eine Zerschlagung von Unternehmen, aber nur im Zusammenhang mit einem Missbrauch“, sagte Wambach der „Rheinischen Post“.

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