Konjunktur

Industrie sitzt auf immer dickerem Auftragspolster

Der anhaltende Materialmangel hat der deutschen Industrie im November zwei neue Rekorde beschert: Auftragsbestand und Reichweite sind so hoch wie nie seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 2015. Und es wird so wohl weitergehen.

Industrie sitzt auf immer dickerem Auftragspolster

ba Frankfurt

Die ohnehin proppenvollen Auftragsbücher der deutschen Industrie füllen sich immer weiter. Denn wegen der andauernden Lieferengpässe und des Materialmangels kommt das verarbeitende Gewerbe schon seit längerem nicht mit der Produktion hinterher. Zwar hat zuletzt die Einkaufsmanagerumfrage eine leichte Entspannung beim Lieferkettenstress gezeigt, doch wird es noch Monate dauern, bis sich die Probleme tatsächlich lösen.

Im November lag der Auftragsbestand nach Angaben des Statistischen Bundesamts (Destatis) real (preisbereinigt) um 1,5% über dem Vormonatsniveau. Dies ist erneut ein Höchststand seit Beginn der Aufzeichnungen im Januar 2015. Dabei stieg die Zahl der offenen Aufträge aus dem Ausland mit 1,8% abermals um einiges stärker als jene aus dem Inland, die um 0,8% im Monatsvergleich zulegten. Seit Juni 2020 werden die Orderbücher stetig dicker, wobei sich die offenen Aufträge stärker entwickeln als die Umsätze. „Die Betriebe im verarbeitenden Gewerbe erhielten also beständig mehr neue Aufträge, als sie abarbeiten konnten“, erklärten die Wiesbadener Statistiker erneut.

Ökonomen setzen daher auf einen Produktionsschub, sobald sich die Logistikprobleme auflösen. Im Dezember hat sich die Lage allerdings verschärft: Laut Ifo-Institut klagten 81,9% der Firmen über Engpässe und Probleme bei der Beschaffung von Vorprodukten und Rohstoffen. So viele waren es nie. Wenig Besserung verspricht der Kiel Trade Indicator. Zwar nehme der Druck auf US-Häfen ab, da aber immer noch 11% der verschifften Güter in ge­stauten Schiffen festhingen, schienen sich die Staus auf andere Häfen und Gebiete zu verlagern, mahnten die Kieler Forscher. Ein Update soll heute veröffentlicht werden.

Mit den sich weiter füllenden Auftragsbüchern erhöht sich auch die sogenannte Reichweite. Destatis vermeldete für November einen neuen Rekord von 7,6 Monaten, zuvor waren es 7,5 Monate. So lange müssten die Betriebe ohne Neubestellungen bei gleichbleibendem Umsatz produzieren, allein um die vorhandenen Aufträge abzuarbeiten.