Auftragseingang

Industrieaufträge brechen ein

Im August hat die deutsche Industrie wegen einer schwächeren Autonachfrage unerwartet deutlich weniger Aufträge eingesammelt als im Vormonat. Großaufträge hatten allerdings im Juni und Juli für ein schwungvolles Neugeschäft gesorgt.

Industrieaufträge brechen ein

ba Frankfurt

Eine insgesamt schwache Nachfrage, die sich besonders bei den Autoherstellern zeigt, hat der deutschen Industrie im August einen unerwartet kräftigen Auftragseinbruch beschert. Die Ökonomen, die mit einem etwas geringeren Rückgang gerechnet hatten, halten aber weiter an dem Bild eines sich abschwächenden Aufschwungs fest. Angesichts der für Herbst und Winter absehbar ungünstigeren Pandemieentwicklung und der wohl bis weit ins kommende Jahr andauernden Materialknappheiten haben sie ihre Wachstumserwartungen ohnehin bereits auf 2022 verschoben.

Vorläufigen Daten des Statistischen Bundesamts (Destatis) zufolge generierte das verarbeitende Gewerbe im August 7,7% weniger Neubestellungen als im Vormonat (siehe Grafik). Ökonomen hatten das nach Mai erst zweite Minus in diesem Jahr erwartet – jedoch nur in Höhe von 2,2%. Allerdings erfolgt der Einbruch auf kräftige Anstiege in den Vormonaten, wie die Wiesbadener Statistiker betonen. Im Juni kletterten die Bestellungen um 4,6% und das Orderplus für Juli wurde von 3,4% auf 4,9% nach oben revidiert. Ursächlich dafür waren Nachmeldungen von Großaufträgen in den Bereichen „Herstellung von Metallerzeugnissen, Maschinenbau und sonstiger Fahrzeugbau“. Diese volatile Komponente hatte auch im Juni schon für Schwung gesorgt, hieß es bei Destatis. Im Schnitt entfallen rund 3% des gesamten Auftragswertes auf Großaufträge, wobei die Bestellungen aus dem Ausland etwa dreimal so hoch ausfallen wie diejenigen aus dem Inland. Rund zwei Drittel aller Großaufträge – die vor allem im Juni und Dezember gehäuft auftreten – entfallen Destatis zufolge auf den Bereich Sonstiger Fahrzeugbau, zu dem unter anderem der Bau von Schiffen, Zügen sowie Luft- und Raumfahrzeugen zählt. Ohne die Berücksichtigung von Großaufträgen fielen die Bestellungen im August um 5,1% niedriger aus als im Vormonat.

Immer noch hohes Niveau

Im Jahresvergleich wurde mit einem Zuwachs von 11,7% die Erwartung von im Schnitt +16,4% ebenfalls verfehlt. Insgesamt, so betonte das Bundeswirtschaftsministerium, liegen „die Bestellungen im verarbeitenden Gewerbe immer noch auf hohem Niveau und verzeichneten beachtliche Zuwächse gegenüber dem Vorkrisenmonat Februar 2020 (rund 8,5%)“.

Maßgeblich für den Auftragsrückgang im August war laut Bundeswirtschaftsministerium die schwache Auslandsnachfrage (−9,5%), insbesondere aus dem Nicht-Euroraum (−15,2%). Allerdings gingen auch aus dem Inland weniger Bestellungen ein (−5,2%). Der Blick auf die Sektoren zeigt, dass insbesondere der gewichtige Kfz-Bereich, der auch am kräftigsten unter den Materialengpässen leidet, gebremst hat: Hier betrug das Auftragsminus 12%. Commerzbank-Ökonom Ralph Solveen wertet dies als Beleg, „dass der Auto-Sektor derzeit ein großer Bremsklotz für die deutsche Industrie ist“. Zwar seien die Augustzahlen wegen der unterschiedlichen Lage der Werksferien immer mit Vorsicht zu interpretieren. Doch das am Dienstag vom Automobilverband VDA veröffentlichte Auftragsminus von 20% im Jahresvergleich zeige auch für September keine spürbare Verbesserung an.

Dafür, dass die Industrie als Schwunggeber weiter ausfällt, spricht auch der um 5,9% gefallene reale Umsatz. Da dieser einen hohen Gleichlauf mit der Produktion hat, erwarten Ökonomen für die am heutigen Donnerstag anstehenden Daten ebenfalls einen Rückgang. ING-Chefökonom Carsten Brzeski verweist aber auch auf eine positive Seite: So bringe der Rückgang den Herstellern, die zunehmend unter hohen Auftragsbeständen leiden, eine gewisse Erleichterung. „Angesichts der immer noch gut gefüllten Auftragsbücher und der niedrigen Lagerbestände dürfte die Zukunft der Industrieproduktion äußerst rosig sein“, sagte Brzeski. Und Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank, sekundiert: „Alleine die Befüllung der leeren Lager spricht für gute Auftragseingänge im kommenden Jahr.“ Denn „wenn ohnehin klar ist, dass nicht geliefert werden kann, bestellen viele Unternehmen erst gar nicht“. Löse sich der Materialstau, komme es zu Aufholeffekten.

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