US-Schuldengrenze

Kaum mehr als Flickwerk

Das übliche Theater um die Anhebung der US-Schuldengrenze ist beendet. Das Grundsatzproblem steigender Staatsschulden bleibt aber ungelöst.

Kaum mehr als Flickwerk

Etwa 100-mal in der Ge­schichte hat der US-Kongress die gesetzliche Schuldengrenze angehoben. Und in der Regel handelt es sich dabei um einen simplen Beschluss, von dem die Finanzmärkte ebenso wie die Medien kaum Notiz nehmen. Alle paar Jahre inszenieren dann aber die Politiker in Washington ein völlig überflüssiges Drama, dessen Ende schon frühzeitig abzusehen ist: Kurz vor Ablauf eines Ultimatums einigen sich die Demokraten und die Republikaner auf einen Kompromiss, der für beide unverzichtbar ist. Angesichts der im kommenden Jahr anstehenden Wahlen, die durchaus zu einer Kräfteverschiebung auf dem Kapitolshügel führen könnten, kann sich nämlich kein Parlamentarier das Debakel einer potenziellen Staatspleite leisten.

Wie aber soll es nun weitergehen? Schließlich handelt es sich um nichts mehr als Flickwerk, mit dem die Politiker ein weiteres Mal die grundlegenden Probleme auf die lange Bank geschoben haben. Sobald der Senat und das Repräsentantenhaus die Übergangsfinanzierung abgesegnet haben, was jederzeit geschehen könnte, wird nämlich das Schuldenlimit lediglich bis Anfang Dezember suspendiert sein. Bis dahin drohen weder Zahlungsausfälle noch Chaos an den Märkten oder eine mögliche Rezession, vor denen US-Finanzministerin Janet Yellen gewarnt hatte. Doch in weniger als zwei Monaten könnte das ganze Theater wieder von vorne losgehen.

Das können die Demokraten im Alleingang verhindern, indem sie ein Haushaltsgesetz verabschieden, das zugleich die Schuldengrenze anhebt. Allerdings müsste jeder der 50 Senatoren mit an Bord sein. Nachvollziehbar ist indes, dass Präsident Joe Bidens Forderung nach 3,5 Bill. Dollar, welches das mit Abstand teuerste Budget in der Geschichte wäre und die Verschuldungsquote in Richtung 140 % treiben würde, moderaten Demokraten viel zu teuer ist.

Das wiederum hat der politische Routinier Biden, der in mehr als 40 Jahren im Senat immer wieder Kompromisse schmieden konnte, erkannt und ist zu bedeutenden Abstrichen bereit. Abzuzeichnen scheint sich ein Haushalt im Wert von etwa 2 Bill. Dollar. Immer noch teuer, aber ein Preisschild, mit dem auch gemäßigte Demokraten leben können. Damit wäre eine Kuh vom Eis, nämlich die Sorge um Zahlungsunfähigkeit im Dezember. Weiter ungelöst wäre aber jenes Grundsatzproblem, dem die Politiker in Washington immer wieder ausweichen: unerbittlich steigende Staatsschulden, die viele Ökonomen nicht mehr für tragfähig halten.

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