ZEW-Konjunkturerwartungen

Konjunktur­sorgen lassen noch stärker nach

Börsenprofis sind zwar weiter skeptisch, wie sich die Konjunktur im kommenden halben Jahr entwickelt – gemessen am ZEW-Barometer sind sie aber so zuversichtlich wie seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs nicht mehr.

Konjunktur­sorgen lassen noch stärker nach

ba Frankfurt

Der abnehmende Preisdruck und die wohl ausbleibende Gasmangellage haben die Stimmung der Börsianer im Dezember noch ein Stück weiter angehoben. In der monatlichen Umfrage des Mannheimer Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) zeigten sich die 180 teilnehmenden Analysten und Anleger zum dritten Mal in Folge zuversichtlicher für die konjunkturelle Entwicklung in den kommenden sechs Monaten – sowohl mit Blick auf Deutschland als auch den Euroraum.

Das ZEW-Barometer für die deutsche Wirtschaft kletterte unerwartet kräftig um 13,4 auf −23,3 Punkte. Dies ist der höchste Wert seit Februar, also dem Beginn des Ukraine-Krieges. Allerdings lag der Indikator damals noch bei 54 Zählern. Ökonomen hatten mit einem Stand von −26,4 Punkten gerechnet. Die aktuelle Lage wurde gleichfalls etwas besser als im Vormonat eingeschätzt: Der Indikator legte um 3,1 auf −61,4 Punkte zu. „Die Finanzmarktexperten gehen mit großer Mehrheit von einem Rückgang der Inflationsrate in den nächsten Monaten aus“, sagte ZEW-Präsident Achim Wambach. Zusammen mit der zwischenzeitlichen Entspannung an den Energiemärkten führe dies „zu einer klaren Verbesserung des konjunkturellen Ausblicks“.

An einer Rezession im Winterhalbjahr führt nach Ansicht von Ökonomen aber kein Weg vorbei. Der jüngste Anstieg des ZEW-Barometers, aber auch der Sentix-Konjunkturerwartungen, spiegele „die Erleichterung über das Ausbleiben des wirtschaftlichen Worst-Case-Szenarios wider“, betonte etwa Bantleon-Ökonom Jörg Angelé. Dank gut gefüllter Gasspeicher sowie der Gaspreisbremse und des Strompreisdeckels werde die Wirtschaft aller Voraussicht nach nicht abstürzen. Allerdings, so warnt er, stünden bereits neue Belastungsfaktoren bereit: Die US-Wirtschaft steuere auf eine Rezession zu, und die chaotische Abkehr Chinas von der strikten Null-Covid-Politik könne in den kommenden Monaten ebenfalls zu neuerlichen Turbulenzen führen.

„Je näher das Jahr 2023 rückt, desto besser werden die wirtschaftlichen Aussichten“, sagte Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank. Die deutsche, aber auch die europäische Wirtschaft schlage sich überraschend robust. „Die wirtschaftliche Kontraktion dürfte milder und weniger lang sein als ursprünglich erwartet.“ Problemkind blieben aber die energieintensiven Industriezweige. Die hohen Energiepreise bremsen aber auch die Bauwirtschaft, der zudem die Zu­rückhaltung potenzieller Bauherren wegen höherer Finanzierungskosten zu schaffen macht. „Gerade deshalb werden die Bauinvestitionen zu einer Wachstumsbelastung“, mahnte Gitzel. Auch der Berufsverband der Insolvenzverwalter und Sachwalter (VID) warnte, dass es ab dem Frühjahr zu mehr Insolvenzen in der Baubranche kommen könnte – allerdings ohne größere Auswirkungen auf die Arbeitslosenquote.

Ähnliches Bild für Euroraum

Die ZEW-Umfrage zeigt für den Euroraum eine ähnliche Entwicklung wie für die deutsche Wirtschaft: Das Erwartungsbarometer kletterte um 15,1 auf −23,6 Punkte, der Lageindikator legte 7,7 auf −57,4 Zähler zu. Auch der Ausblick für China und die USA hat sich im Vergleich zum Oktober aufgehellt.