Afghanistan

Lage spitzt sich nach Terroranschlägen zu

Nach den Attentaten in Kabul beenden mehrere Staaten ihre Evakuierungsflüge. Nach wie vor befinden sich Tausende am Flughafen. US-Präsident Biden kündigte Vergeltung an.

Lage spitzt sich nach Terroranschlägen zu

Reuters Kabul

Die Situation in Afghanistan spitzt sich nach der Machtübernahme der Taliban zu. Bis Freitag hatte die Bundeswehr mehrere Tausend Menschen ausgeflogen. Mehr als 5000 Menschen befinden sich nach Angaben des US-Militärs jedoch noch an dem Flughafen, an dem es in den vergangenen Tagen bereits vor den Attentaten zu Tumulten gekommen war. Die Taliban, die innerhalb von kurzer Zeit die Macht in dem instabilen Land zurückgewonnen haben, halten sich derweil bedeckt, was die künftige Regierung und Rechtsprechung angeht.

Die USA sichern nach Abzug anderer Soldaten noch den Flughafen und wollen bis Dienstag Menschen die Ausreise ermöglichen. Deutschland hat die Evakuierung abgeschlossen. Die Soldaten, die die Operation in Kabul geschützt hatten, werden im Laufe des Tages am Stützpunkt Wunstorf zurückerwartet. Bei der Ankunft sollen Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), Generalinspekteur Eberhard Zorn, die Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, Eva Högl, sowie weitere Politiker anwesend sein. Nach Regierungsangaben hat die Bundeswehr 5347 Menschen ausgeflogen, darunter 500 Deutsche und 4000 Afghanen. 10000 Afghanen seien als schutzwürdig eingestuft. 300 Deutsche seien noch im Land.

Nach dem Attentat mit Dutzenden Toten vor dem Kabuler Flughafen werden weitere Anschläge befürchtet. Der britische Verteidigungsminister Ben Wallace warnte am Freitag, je näher der Abzugstermin rücke, umso größer werde die Bedrohung. „Wir tun alles, um vorbereitet zu sein“, sagte der Chef des US-Zen­tral­kommandos, General Frank McKenzie. Die Extremistengruppe Islamischer Staat (IS) hatte sich über den Internet-Dienst Telegram zu dem Angriff bekannt. Man habe Übersetzer und „Kollaborateure“ treffen wollen. Bei zwei Explosionen vor einem Tor zum Flughafen und bei einem Hotel sowie bei Schusswechseln starben Dutzende afghanischer Zivilisten und 13 US-Soldaten. Die mit dem IS verfeindeten Taliban erklärten, 28 ihrer Mitglieder seien getötet worden.

US-Präsident Joe Biden kündigte Vergeltung nach dem Anschlag an und sagte mit Blick auf die Drahtzieher der Attentate: „Wie werden nicht vergeben, wir werden nicht vergessen, und wir werden euch jagen und zur Rechenschaft ziehen.“ Biden erklärte, er habe das US-Verteidigungsministerium gebeten, Pläne für einen Gegenschlag zu entwickeln.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO warnte, in Afghanistan gingen Arzneimittel und andere medizinische Versorgungsgüter auch in den Krankenhäusern zur Neige. Man hoffe, mit Hilfe Pakistans eine Luftbrücke nach Masar-i-Scharif im Norden des Landes aufbauen zu können. „Sicher ist, dass humanitäre Hilfe dringend nötig ist und immer wichtiger wird“, sagte WHO-Nothilfe-Koordinator Rick Brennan.

Nach US-Angaben befinden sich noch rund 1000 Amerikaner in Afghanistan. Der Takt der Flüge wurde beschleunigt. Am Freitag durften Menschen mit US-Pass das schwer gesicherte Flughafen-Gelände betreten. Ein Diplomat eines Nato-Staates sagte Reuters in Kabul, alle ausländischen Staaten wollten bis zum 30. August ihre Bürger und Botschaftsangehörigen ausfliegen. Bislang wurden rund 100000 Menschen evakuiert. Am Freitag gaben unter anderem Spanien und Schweden das Ende ihrer Flüge bekannt.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.