Konjunktur

Liefer­engpässe ver­schärfen sich zum Jahres­ende

Die Lieferengpässe verschärfen sich zum Jahresende in der Industrie und im Einzelhandel. Zusammen mit der eh schon gedrückten Verbraucherstimmung verheißt das für den Privatkonsum nichts Gutes. Dabei soll dieser das Wirtschaftswachstum anschieben.

Liefer­engpässe ver­schärfen sich zum Jahres­ende

ba Frankfurt

Der stationäre Einzelhandel hat es in diesem Jahr gleich mit zwei Spielverderbern im Weihnachtsgeschäft zu tun: der Corona-Pandemie und den Lieferengpässen. In beiden Fällen hat sich die Lage im Dezember weiter verschärft. Dabei sind November und Dezember die umsatzstärksten Monate des Jahres für weite Teile des Handels. In Kombination mit der hohen Inflationsrate, die an der Kaufkraft nagt, erklärt dies auch die zum Jahresende deutlich gedämpfte Verbraucherstimmung. Von Seiten der Industrie stehen zudem Preiserhöhungen wegen der Beschaffungsprobleme an.

Dabei sollte der private Konsum das Wirtschaftswachstum wieder in Schwung bringen, geht es nach den Prognosen der Ökonomen. Denn schließlich haben die deutschen Privathaushalte in den Coronajahren 2020 und 2021 rund 180 Mrd. Euro zusätzlich gespart, schätzt etwa das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Das IMK prognostiziert daher für 2022 bei einer deutlich auf 10,1% sinkenden Sparquote einen Sprung der privaten Konsumausgaben um real 8,0% im Jahresmittel. Zum Vergleich: In diesem Jahr hat der Privatkonsum den IMK-Ökonomen zufolge auch wegen der pandemiebedingten Einschränkungen um 0,2% im Jahresschnitt zugelegt, während die Sparquote auf 15,1% gesunken ist. Von 2015 bis 2019 lag die Sparquote im Mittel noch bei 10,6%. In ihren Jahresausblicken haben Ökonomen zuletzt die Wachstumserwartung weiter nach hinten verschoben. Die Voraussagen für das Wirtschaftswachstum 2022 reichen von 3,5% (IW Halle und HWWI) bis zu 4,5% (IMK).

Die aktuelle Umfrage des Ifo-Instituts zeigt, dass im Dezember bei 81,6% der Einzelhändler nicht alle bestellten Waren geliefert werden. Im November waren es noch 77,8%. „Der Einzelhandel wird gerade doppelt belastet“, sagte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe. „Händler können nicht alle Produkte anbieten. Und Kunden sind angesichts der hohen Inzidenzen zurückhaltend beim Einkaufen.“ Zudem brechen wegen der 2G-Regel im Handel „Konsumenten, die weder geimpft noch genesen sind, komplett weg“, wie GfK-Experte Rolf Bürkl die auf den Stand von Januar 2021 gesunkene Anschaffungsneigung der deutschen Verbraucher erklärt.

Das diesjährige Weihnachtsgeschäft, so erklärt der Einzelhandelsverband HDE daher, sei „eine herbe Enttäuschung“. Im innerstädtischen Handel gingen die Erlöse in der Woche vor dem vierten Advent um 35% zurück, während die Kundenfrequenz 41% unter dem Vorkrisenniveau lag.

Analoges Bild in der Industrie

Besonders schwierig, so heißt es beim Ifo-Institut, ist im Dezember die Situation im Handel mit elektronischen Haushaltsgeräten und Unterhaltungselektronik. Dort kämpfen 97,6% bzw. 97,0% – und damit fast alle Händler – mit Lieferproblemen. Bei den Baumärkten (96,0%) sieht es nicht viel anders aus. Im Spielzeugwareneinzelhandel hat sich die Lage zwar ein wenig entspannt, doch klagen immer noch 77% über ausbleibende Lieferungen.

In der Industrie sieht es nicht besser aus: Engpässe und Probleme bei der Beschaffung von Vorprodukten und Rohstoffen meldeten 81,9% der Firmen nach 74,4% im November. Dies ist ein neuer Rekord. Daher bleiben Preiserhöhungen auf der Tagesordnung: „Mindestens jedes zweite Unternehmen plant, seine Preise in den kommenden drei Monaten zu erhöhen“, ergänzt Wohlrabe. Trotz voller Auftragsbücher kann die Industrie die Produktion wegen des Materialmangels nicht hochfahren. Am gravierendsten waren im Dezember die Beschaffungsprobleme bei den Herstellern von elektrischen Ausrüstungen (94%), in der Automobilindustrie (93%) und im Maschinenbau (91%).

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