SACHVERSTÄNDIGENRAT

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Während die Coronakrise fast alle akuten politischen Themen überlagert, denken die Wirtschaftsweisen schon an die Zeit danach. Denn viel hängt für unsere Wirtschaft davon ab, wie gut es gelingt, den Weg aus der Krise zu finden. Obwohl der...

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Während die Coronakrise fast alle akuten politischen Themen überlagert, denken die Wirtschaftsweisen schon an die Zeit danach. Denn viel hängt für unsere Wirtschaft davon ab, wie gut es gelingt, den Weg aus der Krise zu finden. Obwohl der Sachverständigenrat im Jahresgutachten den Notfallhilfen der Bundesregierung durchweg gute Noten gibt, legt er der Regierung nahe, den Staatsinterventionismus möglichst gering zu halten und marktwirtschaftlichen Prinzipien zur Geltung zu verhelfen. Die Empfehlung der Wirtschaftsweisen, die rückwirkende Verlustverrechnung für krisengebeutelte Unternehmen auszuweiten, ist zielgenau und pragmatisch. Die Unternehmen erhalten schnelle Liquiditäts- und Kapitalhilfe, ohne dass komplizierte Ausführungsbestimmungen und bürokratische Bemessungsgrößen nötig sind, die ohnehin nicht alle Konstellationen erfassen.Die Weisen treibt zu Recht auch die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen um. Ein Staat, der gut wirtschaftet, kann in einer Notlage auch schnell und schlagkräftig reagieren. Die Konsolidierung des Staatshaushalts soll bald, wenn auch vorsichtig beginnen, verlangen die Weisen – damit Wirtschaftswachstum nicht abgewürgt wird. Deshalb halten sie Steuererhöhungen auch mehrheitlich für kontraproduktiv. Wachstum ist der Schlüssel, wie der Staat aus dem erhöhten Schuldenstand herauswachsen kann. Erstmals, seitdem die Schuldenbremse zieht, sieht sich die öffentliche Hand mit den knallharten Folgen konfrontiert: Defizite, die in einer Notlage über das von der Bremse erlaubte Normalmaß hinausgehen, müssen getilgt werden. Der Bund plant dafür lineare Raten. Die Wirtschaftsweisen regen nun eine Reform der Schuldenbremse an, auch die Tilgungsraten mit dem Wirtschaftszyklus atmen zu lassen. Das ist Feinabstimmung, keine Lockerung.Die Fahne der Marktwirtschaft hält der Sachverständigenrat auch im Energiesektor hoch. Die Wissenschaftler raten zu einer Reform von Steuern und Abgaben, die dem Emissionshandelspreis hilft, seine Lenkungsfunktion für den Klimaschutz zu erfüllen. Die Finanzvolumina, die der Staat im Energiesektor durch Intervention bewegt, sind erheblich. Sie entscheiden mit über Wachstumsperspektiven. Die Staatseinnahmen im Energiesektor, darunter EEG-Umlage und Stromsteuer, sind mit mehr als 40 Mrd. Euro gut doppelt so hoch wie die als Konjunkturspritze gedachte Mehrwertsteuersenkung in der zweiten Jahreshälfte. Hier kann die Regierung weise handeln.