OECD: Produktivität vor Inflation

Lockere Geldpolitik gescheitert - Organisation verlangt mehr F&E-Förderung

OECD: Produktivität vor Inflation

lz Frankfurt – Das schleppende Wachstum und die nur schwach ansteigende Produktivität in den Industrieländern ist nach Meinung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) auch Ausdruck einer zunehmenden Fragmentierung in den Volkswirtschaften. Es gebe zu viele inkonsistente Strukturen, widersprüchliche Politikmaßnahmen, Regeln, Gesetze und Branchenpraktiken, welche die Produktivität bremsten. Die OECD fordert deshalb die Regierungen auf, einen schärferen Fokus etwa auf Produktivitätssteigerungen zu legen und dafür auch eine stärkere steuerliche Förderung ins Auge zu fassen. Zugleich müsste die Fragmentierung an den Finanzmärkten angegangen werden und die Vielzahl börsenähnlicher Strukturen zurückgeführt werden, heißt es im “Business and Finance Outlook 2016” der Organisation.Problematisch an der gegenwärtigen Situation ist nach Meinung der OECD-Ökonomen, dass sich die tonangebenden Spieler offenbar nicht im Klaren sind, auf welche Weise die strukturell verfahrene Situation verbessert werden könnte. Die Zentralbanken würden ein Szenario nach dem Motto “Inflation geht vor” bevorzugen, was eine “kreative Zerstörungsphase” zur Bewältigung von Überinvestition und Überschusskapazitäten vermeiden wolle. Das funktioniere aber nicht. Die lockere Geldpolitik habe die Grenzen des Machbaren erreicht. Die OECD selbst favorisiert daher das Szenario “Produktivität geht vor”, das schneller zu einer Anpassung führen würde.Um Letzteres in Gang zu setzen, fordert die OECD mehr Engagement bei der Förderung von Forschung und Entwicklung (F & E). Fiskalische Anreize, einschließlich steuerlicher Art, sollten auf spezifische Hindernisse oder Synergien ausgerichtet werden, um das gewünschte Niveau an Investitionen in F & E und Innovationen zu erreichen. Schon was die Größenordnung der Förderung angeht, gibt es unter den Industrieländern große Unterschiede (siehe Grafik). Deutschland zeigt sich hierbei besonders knauserig.Um die Produktivität zu steigern, und Mitnahmeeffekte zu minimieren, warnt die OECD vor einer reinen Steuersenkungsrunde. Kapital sei mobil, die Unternehmen würden sich dann nur den steuergünstigsten Standort aussuchen. Unter dem Strich wären die Wirkungen auf die Produktivität nicht viel größer als ohne diese Initiativen. Deshalb favorisiert die Industrieländerorganisation Modelle, die eine Steuerförderung an klare Bedingungen knüpfen. Die realwirtschaftlichen Einrichtungen für F & E müssten sich am gleichen Ort befinden, an dem auch die Förderung gewährt wird. Das spricht etwa für eine besondere Ausgestaltung von Patentboxen. Zudem wäre denkbar, dass die Forschungserträge ebenfalls steuerlich vergünstigt werden, sofern sie vor Ort anfallen.Kritisch sieht die OECD die strukturellen Veränderungen in der Börsenlandschaft. Sie habe über eine Zunahme der Anzahl der börsenähnlichen Handelsplattformen und eine Aufteilung zwischen Handel, bei dem die Gebote nicht angezeigt werden oder anonym sind, und öffentlichem Handel geführt. Der Aktienmarkt sei dadurch “fragmentiert”. Zwei Drittel des Aktienhandels in den USA würden an 11 unterschiedlichen Börsen stattfinden, der Rest auf börsenähnlichen Plattformen. In Europa sei es noch 50 : 50.Angesichts des außerbörslichen Handels und des “Dark Trading” zeigen sich die Ökonomen besorgt über die Intransparenz der Preisbildung, was die Fairness am Markt in Frage stelle, weil Investoren sich nicht mehr auf gleicher Augenhöhe befänden. Es sei daher wahrscheinlich, dass in den USA und Europa durch Regulierung wieder eine Konvergenz von Börsen und börsenähnlichen Konstrukten angestrebt werde.