Wettbewerbsfähigkeit

Regierung muss an Standort­qualität arbeiten

Deutschlands gute Infrastruktur und Marktpositionierung reichen nicht aus, um die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes weiterhin hoch zu halten. Die neue Bundesregierung wird viel für die Standortqualität tun müssen. Das legen Rankings nahe.

Regierung muss an Standort­qualität arbeiten

ba Frankfurt

Egal in welcher Konstellation sich die neue Bundesregierung zusammenfindet – geht es nach der Wirtschaft, muss sie sich schleunigst darum kümmern, die Standortqualität zu verbessern. Denn gemessen an Faktoren wie der Länge von Genehmigungs- oder Gerichtsverfahren, Steuersätzen etc., die für eine konkrete unternehmerische Tätigkeit wichtig sind, sei Deutschland innerhalb der EU nur noch ein mittelmäßiger Standort, konstatiert Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank. Vor gut zehn Jahren habe Deutschland noch im vorderen Drittel gelegen. „Im Gegensatz zu anderen Ländern hat Deutschland an seiner Standortqualität nicht gearbeitet“, erklärte Krämer die negative Entwicklung.

„Fehlende Verbesserungen sind gleichzusetzen mit verschlechterten Chancen auf zukünftiges Wachstum“, sekundieren Cornelius Bär und Hubertus Bardt vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. Auch sie mahnen an, dass die Standortpolitik nach den zwei Legislaturperioden der großen Koalition eine höhere Priorität bekommen müsse. Verbesserte Investitionsbedingungen für die Industrie seien notwendig, um die Erneuerung der Industrie zu forcieren und die Arbeitsplätze der Zukunft in Deutschland zu gewährleisten, heißt es in einer Studie.

Im aktuellen IW-Standortindex für das Jahr 2019 erreicht Deutschland unter den 45 betrachteten Nationen Rang 4 hinter der Schweiz, den USA und den Niederlanden. Besondere Stärken werden Deutschland bei der Marktpositionierung (Rang 1) und der Infrastruktur (Rang 2) zugesprochen. Trotz der sehr guten Position merkt das IW allerdings an, dass die digitale Infrastruktur hierzulande eine wichtige Schwachstelle sei. Verbesserungspotenziale bestehen laut IW beim staatlichen Ordnungs- und Regulierungsrahmen, dem vorhandenen Know-how und Innovationspotenzialen sowie der Verfügbarkeit von natürlichen Rohstoffen und Kapital. Als klare und anhaltende Schwäche macht das IW den gravierenden Kostennachteil aus: „Sowohl bei Steuern als auch bei Arbeitskosten und Stromkosten liegt der Standort Deutschland bestenfalls im Mittelfeld, teilweise aber in der Gruppe der teuersten Standorte“, schreiben die Studienautoren.

Im gehobenen Mittelfeld platziert sich Deutschland im aktuellen Ranking der Business School IMD in Lausanne: Unter den 64 betrachteten Nationen liegt Deutschland auf Platz 15, 2020 war es noch Platz 17. Geht es allerdings um die Effektivität der Regierungsarbeit, steht Deutschland auf Rang 23 – wobei die Steuerpolitik eindeutig zu den Schwächen gezählt wird. Auch bei der Effizienz im Wirtschaftsleben kommt die Bundesrepublik nur auf Rang 23.

Um zwei Plätze nach oben ging es für Deutschland im „Doing-Business-Bericht“ der Weltbank, in dem die Standortqualität eines Landes aus der Sicht klein- und mittelständischer Unternehmen bewertet wird. Nach Rang 24 im Jahr 2019 ist es nun Platz 22 unter den 190 berücksichtigten Volkswirtschaften.

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