Evakuierungsmission

Ringen um Abzug aus Afghanistan

Die US-Regierung ist offenbar nicht dazu bereit, die Evakuierungen aus Afghanistan über den 31. August hinaus zu verlängern. US-Präsident Joe Biden werde an seinem Zeitplan festhalten, berichteten Nachrichtenagenturen am Dienstagabend...

Ringen um Abzug aus Afghanistan

BZ Frankfurt

Die US-Regierung ist offenbar nicht dazu bereit, die Evakuierungen aus Afghanistan über den 31. August hinaus zu verlängern. US-Präsident Joe Biden werde an seinem Zeitplan festhalten, berichteten Nachrichtenagenturen am Dienstagabend übereinstimmend unter Berufung auf Mitarbeiter der US-Regierung. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte im Anschluss an eine Videoschalte der führenden westlichen Industriestaaten (G7): „Es sind heute keine neuen Daten über das bekannte Datum des 31.8. (hinaus) genannt worden vom Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika.“ Was das genau „im Zeitablauf“ bedeute, könne sie aber noch nicht sagen.

Die europäischen Verbündeten in London, Paris und Berlin dringen auf einen späteren Abzugstermin, weil nur so die Evakuierungsaktion in der jetzigen Form fortgesetzt werden kann, an der die Bundeswehr beteiligt ist. Es stehen noch viele Tausende Menschen, die das Land wegen der Machtübernahme der Taliban verlassen wollen, auf den Ausreiselisten der insgesamt 26 beteiligten Staaten. Vertreter der Islamisten haben zu Wochenbeginn wiederholt klargestellt, dass die Taliban eine Präsenz westlicher Truppen über Ende August hinaus nicht dulden würden. Sie drohten andernfalls mit Konsequenzen. Beobachter warnen, bis dahin könnten nicht alle Menschen ausgeflogen werden, die Schutz vor den Islamisten suchen.

Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtete, wollen die G7-Staaten von den Taliban freies Geleit für Ausreisewillige über den 31. August hinaus verlangen. Das erklärte der britische Premierminister Boris Johnson am Dienstag nach dem G7-Sondergipfel zu Afghanistan. Man plane ein Abkommen mit den Islamisten, in dem diese Forderung die wichtigste Bedingung für eine Einigung sein solle. Dafür sprach sich auch Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer aus – unabhängig davon, wie lange die Bundeswehr-Mission noch läuft. Damit solle gewährleistet werden, dass auch dann noch ehemalige Helfer von Bundeswehr und Bundesministerien ausgeflogen werden könnten, die zurzeit gar nicht zum Flughafen Kabul kommen könnten, sagte die CDU-Politikerin in Berlin. „Wir brauchen auf jeden Fall auch in der Sache sicheres Geleit eine Lösung und eine Vereinbarung mit den Taliban, die über die eigentliche Evakuierungsmission hinausgeht.“

Die Bundeswehr hat Berichten zufolge bislang rund 3800 Menschen aus Afghanistan ausgeflogen. Die USA haben nach Angaben des Weißen Hauses seit Beginn der Evakuierung bis Dienstagfrüh annähernd 60000 Menschen entweder selbst evakuiert oder deren Ausreise ermöglicht. Die Mission gewinnt an Tempo: Innerhalb von 24 Stunden schafften US-Streitkräfte zuletzt mehr als 12000 Menschen außer Landes. In der Hauptstadt Kabul hatten die Taliban vor anderthalb Wochen die Macht übernommen.