Industrie und Banken

Rufe nach Reformen bei Exportfinanzierung

Vertreter aus Indus­trie und Finanzwirtschaft drängen die Politik, zentrale Regeln der Exportfinanzierung zu modernisieren. Bei entsprechenden Diskussionsrunden im Rahmen der vom Bundeswirtschaftsministerium erstmals ausgerichteten...

Rufe nach Reformen bei Exportfinanzierung

rec Frankfurt

Vertreter aus Indus­trie und Finanzwirtschaft drängen die Politik, zentrale Regeln der Exportfinanzierung zu modernisieren. Bei entsprechenden Diskussionsrunden im Rahmen der vom Bundeswirtschaftsministerium erstmals ausgerichteten Außenwirtschaftstage gab es zwar einhelliges Lob für die jährlichen Milliardengarantien des Bundes für Exportkredite, gerade in Zeiten der Coronakrise. Einstimmig waren aber auch die Rufe nach Reformen, die umso dringlicher erscheinen angesichts der sich abzeichnenden wirtschaftlichen Folgen der Pandemie und des besonders großen Bedarfs an Finanzierungen für Projekte in aller Welt, die Kriterien des Klimaschutzes und sozialer Mindeststandards (ESG) genügen.

Angestoßen hatte die Debatte vor wenigen Monaten der Bankenverband mit einem Positionspapier. Darin forderte er mit Blick auf die Kosten für Geschäftsbanken, regulatorische Anforderungen insbesondere vor dem Hintergrund strikter Eigenkapitalerfordernisse zu lockern (vgl. BZ vom 26.11.2020). Es sind hauptsächlich private Kreditinstitute, die Auslandsgeschäfte der stark exportabhängigen deutschen Unternehmen finanzieren. Große Bedeutung kommen dabei auch Export- und Investitionsgarantien des Bundes zu. 2020 sackte das Volumen staatlicher Exportkreditgarantien nach offiziellen Angaben auf 16,7 Mrd. Euro ab, was in Berlin maßgeblich mit dem zwischenzeitlichen Kollaps im Welthandel infolge der Pandemie begründet wird. Das hat den jüngsten Aufwärtstrend gestoppt: 2019 hatte der Bund nach eigenen Angaben Ausfuhren im Umfang von 21 Mrd. Euro abgesichert, womit die sogenannten Hermesdeckungen den höchsten Stand seit 2015 erreichten.

Beim gestrigen „Fachforum Finanzierung“ unterstrichen hochrangige Teilnehmer die Rolle der Exportkreditgarantien. So konstatierte Christian Bruch, Chef von Siemens Energy, dass diese ein „unverzichtbares Instrument“ für viele Großprojekte seines Konzerns im Ausland seien. Er sprach von einem „Gütesiegel“ des Bundes. Zugleich forderte er Anpassungen in drei Bereichen. Nötig sei erstens, sämtliche Technologien zu fördern, die den klimaschädlichen CO2-Ausstoß reduzieren. Bruch lobte in diesem Zusammenhang die Grundsatzerklärung zur nachhaltigen und klimagerechten Ausgestaltung der Exportfinanzierung, die Wirtschaftsminister Altmaier mit Kollegen aus anderen Ländern unterschrieben hat. Zweitens müsse dem zunehmenden Druck zu lokaler Wertschöpfung Rechnung getragen werden:  „Die Pandemie hat das Denken nationaler gemacht“, konstatierte Bruch. Er forderte auch, das EU-Beihilferecht anzupassen. Drittens müssten mit Blick auf die Finanzkraft von Entwicklungs- und Schwellenländern Bedingungen zur Anzahlung gelockert werden. Hermes-Bürgschaften decken bislang maximal 85% eines Projektes. Gerade die Anzahlungsfinanzierung von 15% könne mancherorts „schwierig sein“.

Dieses Problem dürfte sich durch die Coronakrise verschärfen. Der Internationale Währungsfonds warnt, dass die Pandemie ärmere Länder wirtschaftlich deutlich weiter zurückzuwerfen droht als führende Industrie- und Schwellenländer, was deren Finanzkraft weiter schmälert. Das zeigen auch ausländische Direktinvestitionen, die nach einem heftigen Einbruch 2021 um weitere 5 bis 10% zurückgehen dürften. Der Kieler Außenwirtschaftsexperte Holger Görg warnte: „Entwicklungsländer scheinen generell stärker betroffen zu sein als Industrienationen.“

Ähnlich wie Bruch argumentierte Jeannette Vogelreiter, Global Head of Export Finance bei der Commerzbank. Nötig seien flexiblere Kombinationen aus öffentlichen und privaten Finanzierungsquellen, gerade bei Großprojekten. Hier setzen bislang die Vorgaben der Industrieländervereinigung OECD Grenzen. Mit Blick auf ESG-Kriterien für Nachhaltigkeit bei Exportfinanzierungen sieht Vogelreiter die ja nach Land und nationaler Förderagentur unterschiedlichen Anforderungen problematisch. Insgesamt seien Exportkreditgarantien vor allem bei langen Laufzeiten „der entscheidende Erfolgsfaktor“, betonte Vogelreiter.