Internationaler Währungsfonds

Ungleiche Erholung gefährdet globale Finanzstabilität

Fiskal- und geldpolitische Maßnahmen waren während der Coronavirus-Krise eine wichtige Stütze für das globale Finanzsystem. Wegen steigender Zinsen und hoher Schulden lauern nun aber neue Gefahren für die Finanzstabilität.

Ungleiche Erholung gefährdet globale Finanzstabilität

det Washington

Die allmähliche Normalisierung der Geldpolitik könnte neue Gefahren für die globale Finanzstabilität heraufbeschwören. Umfassende und außergewöhnliche Stützungsmaßnahmen hatten während der Coronavirus-Pandemie Risiken minimiert. Wie der Internationale Währungsfonds (IWF) in seinem jüngsten Global Financial Stability Report (GFSR) betont, müssten Politiker und Notenbanken nun an akkommodierenden Maßnahmen festhalten, bis die Erholung dauerhaft sei. Zudem sollten hoch verschuldete Unternehmen bei der Bereinigung ihrer Bilanzen unterstützt und Banken selbst dann zur weiteren Kreditvergabe ermuntert werden, wenn steigende Zinsen wieder zu schärferen Finanzierungskonditionen führen.

Laut Währungsfonds haben sich während der vergangenen Monate zwei konkrete Risiken für die Stabilität des Weltfinanzsystems herauskristallisiert. Zum einen könnte die asymmetrische globale Erholung dazu führen, dass Industrieländer, in denen der Aufschwung bereits im Gange ist, ihre Geldpolitik wieder normalisieren. Wenn dies zu einem rapiden Zinsanstieg und einer allgemeinen Verschärfung der Finanzierungskonditionen führt, könnten sich Kapitalabflüsse aus den Schwellenländern beschleunigen.

Risiken der Aktienhausse

Eine weitere Gefahr wird in den unerwünschten Begleiterscheinungen der Stützungsmaßnahmen gesehen. Dazu zählt der IWF die Aktienhausse, die im dritten Quartal des vergangenen Jahres einsetzte. Die Erwartung weiterer staatlicher Hilfe habe dazu geführt, dass viele Wertpapiere zu höheren Kursen gehandelt würden, als es deren Fundamentaldaten entspreche.

Ausgehend von den USA könnten steigende Zinsen aber nun zu Neubewertungen führen, Kursverluste nach sich ziehen und auf das finanzielle Umfeld durchschlagen.

Dies wiederum könnte Unternehmen in den verschiedenen Ländern und Branchen hart treffen, die während der Pandemie die niedrigen Zinsen nutzten, um sich weiter zu verschulden. Wachsen nun die Sorgen um die Bonität der verschuldeten Unternehmen und deren Gewinnaussichten, dann könnte dies die Risikobereitschaft der Kreditinstitute beeinträchtigen, schreibt der Währungsfonds. Zu erwarten sei, dass Banken dann Kreditvergabekonditionen verschärfen und die Darlehensvergabe drosseln.

Der GFSR betont aber, dass die Verschuldung und Krisenanfälligkeit länder- sowie branchenspezifisch ist. Gefährdet sei insbesondere die gewerbliche Immobilienbranche, wo sich während der Pandemie die wachsende Bedeutung des Homeoffice bemerkbar gemacht hat. Was Ländergruppen anbetrifft, sieht der Währungsfonds vor allem Risiken bei Schwellenländern mit schwachen ökonomischen Fundamentaldaten und begrenztem Zugang zu Impfstoffen gegen das Coronavirus.

Ungeachtet des hohen Finanzierungsbedarfs der Emerging Market Countries (EMCs) und der Risiken meinen der IWF und auch der Bankenverband Institute of International Finance (IIF), dass die Schwellenländer wegen günstigerer Wechselkursrelationen und Leistungsbilanzpositionen besser dastehen als im Jahr 2013. Damals hatte das Taper Tantrum, die Marktreaktion auf die Ankündigung seitens des damaligen Fed-Vorsitzenden Ben Bernanke, eine Reduzierung der Anleihenkäufe zu erwägen, massive Kapitalabflüsse ausgelöst. Gleichwohl stellt das IIF fest, dass Anleger aus Industrieländern bereits begonnen haben, Kapital abzuziehen. Laut IIF wurden im März in EMCs ohne Berücksichtigung Chinas im Januar und Februar nur 3 Mrd. Dollar in Aktien investiert, und im März schrumpfte die Zahl auf 0,2 Mrd. Dollar.