Konjunkturerwartungen

Zuversicht im Jahresendspurt

Im Herbst hellt sich die Konjunkturstimmung auf: EZB-Chefvolkswirt Philip Lane erwartet bald ein kräftiges Wachstum, die Sentix-Konjunkturerwartungen steigen, und auch der deutsche Mittelstand wird etwas optimistischer.

Zuversicht im Jahresendspurt

ba/ms Frankfurt

Zu Beginn des vierten Quartals kommt wieder etwas mehr Zuversicht für die Wirtschaft auf – auch für die im Euroraum. Finanzmarktexperten blicken im November überraschend zuversichtlich auf die Konjunktur sämtlicher Weltregionen. Gemäß der monatlichen Umfrage des Analysehauses Sentix schätzen die Börsianer zwar zumeist die aktuelle Lage noch etwas düsterer als im Vormonat ein, doch die Erwartungen an die kommenden sechs Monate sind deutlich gestiegen. Die These sei damit bestätigt, dass die jüngste Abkühlung der Weltwirtschaft ein „mid cycle slowdown“ und keine Trendwende sei, hieß es bei Sentix.

EZB-Chefvolkswirt Philip Lane sagte am Montag, dass der Aufschwung im Euroraum nicht zu Ende sei. Im Gegenteil: Die EZB erwarte 2022 ein „ziemlich starkes Wachstum“. Zugleich untermauerte er im Interview mit „El País“ die Einschätzung, dass die hohe Inflation vorübergehend sei. Es sei kein „chronisches“ Problem wie in den 1970er oder 1980er Jahren. Mittelfristig sei das Problem eher eine zu niedrige Inflation. Er mahnte deshalb, „nicht überzureagieren“. In der EZB hatten sich zuletzt zunehmende Differenzen bei der Einschätzung der Inflationsaussichten und der angemessenen Reaktion der Geldpolitik gezeigt (vgl. BZ vom 6. November). Als größtes Risiko für den Aufschwung benannte Lane auf einer Geldmarktkonferenz den anhaltenden Materialmangel: „Falls Materialengpässe und erhöhte Energiepreise länger anhalten sollten, könnten sie die Konjunkturerholung verlangsamen.“ Am eklatantesten ist der Mangel bei Halbleitern, worunter insbesondere die deutsche Autoindustrie leidet, es fehlt aber auch an Stahl und Holz.

„Der Dreh ist geschafft“, kommentierte Sentix-Geschäftsführer Patrick Hussy den unerwarteten Anstieg des Gesamtbarometers für den Euroraum um 1,4 auf 18,3 Punkte (siehe Grafik). Ökonomen hatten einen vierten Rückgang des Frühindikators auf 15,0 Zähler erwartet. Lieferengpässe und die hohe Inflation würden den Unternehmen zu schaffen machen und für einen gewissen Bremseffekt sorgen. Die 1095 befragten institutionellen Anleger und Investoren gingen jedoch nur von einer temporären Belastung aus. Der Abwärtstrend der vergangenen Monate sei gebrochen, „die bislang ausbleibende Herbstbelebung findet nun etwas verspätet statt“, sagte Hussy.

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