Paris

Auf den Champs-Élysées gehen die Lichter früher aus

Trotz Energiekrise verzichtet die Prachtstraße nicht auf ihre weihnachtliche Festbeleuchtung. Dabei könnte es im Januar in Frankreich zu gezielten Stromabschaltungen für je ein paar Stunden kommen.

Auf den Champs-Élysées gehen die Lichter früher aus

Es ist ein Ritual, das alljährlich mit viel Tamtam zelebriert wird. Sonntagabend war es der Schauspieler Tahar Rahim, der die festliche Weihnachtsbeleuchtung der Champs-Élysées anknipsen durfte. Während die Regierung die Bevölkerung auffordert, Strom zu sparen, werden dort bis zum 2. Ja­nuar jeden Abend Tausende von Lichtern in den 400 Bäumen funkeln, die die berühmte Prachtstraße säumen. Damit das den Bürgern nicht ganz so bitter aufstößt, haben die im Comité Champs-Élysée zusammengeschlossenen Einzelhändler beschlossen, die Lichter nachts früher auszuknipsen als bisher. Statt um 2 Uhr um 23 Uhr 45. Das helfe, über den gesamten Zeitraum 44% Energie einzusparen, rechtfertigen sie sich.

Allerdings wird auch das nicht vermeiden, dass der Strom knapp werden wird. Zwar droht Frankreich kein Blackout, doch die für die Stromübertragung zuständige Gesellschaft RTE hat gewarnt, dass im Januar gezielte Stromabschaltungen für je ein paar Stunden pro Tag in einigen Regionen zu erwarten sind, Krankenhäuser und Gefängnisse ausgeschlossen. Dies wohl während der Hauptnutzungszeiten zwischen 8 und 13 Uhr vormittags und 18 bis 20 Uhr abends. Verantwortlich für die Stromknappheit dürften neben den für Januar erwarteten niedrigeren Temperaturen die Verzögerungen sein, zu denen es bei dem geplanten Wiederhochfahren der Atomreaktoren nach den Wartungsarbeiten und Korrosionsanomalien kommt. Die Regierung hat nun einen Krisenstab eingesetzt, um die drohenden Stromengpässe und ihre Folgen zu handeln.

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Neben der Beleuchtung der Champs-Élysées trotzt ein weiteres Ritual der schwächelnden Konjunktur: Die berühmte Weinversteigerung der Hospices de Beaune im Burgund hat am Sonntag neue Rekordergebnisse erzielt. Insgesamt brachte die Wohltätigkeitsauktion 28,98 Mill. Euro ein, mehr als doppelt so viel wie der bisherige Rekord von 2018, bei dem 13,97 Mill. Euro zusammenkamen. Bei dem sogenannten Präsidentenstück, einem 228-Liter-Fass, kam der Zuschlag bei 810000 Euro – ein neuer Rekord. Der bisherige lag bei 800000 Euro. Mit den Einnahmen der jedes Jahr am dritten Sonntag im November stattfindenden Versteigerung werden neben zwei Kinderhilfsorganisationen die vier Krankenhäuser und sechs Altersheime unterstützt, die zu den Hospices Civils de Beaune gehören und keine staatlichen finanziellen Hilfen erhalten. Sie finanzieren sich schon seit ihrer Gründung 1443 komplett mit Hilfe der Weinberge, die sie als Schenkung oder Nachlass erhalten haben.

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Ein Grundstück oder eine Immobilie zu erben, davon träumen etliche Anwohner der Küstenregionen. Denn viele von ihnen haben inzwischen Mühe, eine Bleibe zu finden. Das Phänomen ist zwar nicht neu, doch es hat sich in den letzten Jahren verstärkt. Seit Ausbruch der Covid-Pandemie kaufen immer mehr Städter einen Zweitwohnsitz am Meer, von dem aus sie im Homeoffice arbeiten können. Parallel dazu investieren immer mehr Franzosen in Ferienwohnungen, um sie auf Plattformen wie Airbnb zu vermieten. Entsprechend stark sind die Immobilienpreise gestiegen. In den Küstenorten haben sie innerhalb der letzten fünf Jahre nach Angaben der Maklervereinigung FNAM im Schnitt 38,5% zugelegt. Gleichzeitig ist der Anteil von Ferienhäusern in Orten wie Guéthary im Baskenland auf über 50% gestiegen. Eine tickende Zeitbombe die radikale Gegenbewegungen begünstige, meinen Beobachter. Denn Einheimische und Mitarbeiter der Tourismusindustrie können sich in den Küsten­orten keine Wohnung mehr leisten. Wenn sie eine Bleibe finden, erhalten sie nur zeitlich befristete Verträge. Im Sommer müssen sie raus, damit die Eigentümer die Immobilie im Juli und August teuer an Touristen vermieten können. Ein Haus in Biarritz, das während des Rests des Jahres für 2100 Euro monatlich vermietet wird, bringt im Juli und August 2500 bis 3000 Euro pro Woche. Die Regierung hat nun eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die sich mit dem Problem beschäftigen soll.                                                     (Börsen-Zeitung,

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