Berlin

Bruchrechnen mit Söder

Die Rechenkünste in Bayern haben die CSU mit Parteichef Markus Söder offensichtlich dazu ermutigt, nun mindestens ein Drittel der Plätze im Sondierungsteam der Union zur Bildung einer neuen Bundesregierung zu verlangen.

Bruchrechnen mit Söder

Lauscht man den Worten von CSU-Chef Markus Söder, hat die CSU in dieser Bundestagswahl richtig abgesahnt. „Wir haben in Deutschland das beste Ergebnis, was die Direktmandate betrifft“, verkündete er vollmundig in der Wahlanalyse. Allein der CDU ist es demnach anzukreiden, dass die Lage für die Union nach dem Wahlverlust so ist, wie sie ist: schlecht. „Die CSU ist jetzt nicht mehr ein Fünftel, sondern ein Viertel in der Unionsfraktion“, frohlockte Söder nach der Wahl vor der Presse und gratulierte dem alten und neuen Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Die klare Botschaft: Die CSU ist stark, die CDU ist schwach. Tatsächlich hat die CSU 45 der möglichen 46 Direktmandate in Bayern gewonnen. Ein Novum ist aber, dass sie einen Sitz abgeben musste. In München-Süd unterlag der CSU-Kandidat und Rechtsanwalt Michael Kuffer ausgerechnet der 28-jährigen Grünen Jamila Schäfer. Über die Landesliste zieht aus Bayern für die CSU keiner ein, weil die errungenen Prozente geringer sind als die Anzahl der Direktmandate.

Genau 196 Sitze zählt die Unionsfraktion nun im neuen Bundestag. 151 entfallen auf die CDU. Die CSU hat dabei zwar ihre Position innerhalb der Fraktion tatsächlich gestärkt, aber Söder rechnet sich dennoch vorher und nachher reicher, als er ist. Gemessen an den Sitzen lag der Anteil der CSU in der Unionsfraktion im alten Bundestag bei 18,7%. Im neuen Bundestag sind es 22,9%. Söder hat also großzügig gerundet. Bezogen auf das prozentuale Wahlergebnis, bei dem die CSU 5,2% einfuhr, beträgt der Anteil der Bayern am Gesamtergebnis der Union 21,6% – ein stolzes Resultat, aber auch kein Viertel.

Die Rechenkünste in Bayern haben die CSU mit Söder offensichtlich dazu ermutigt, nun mindestens ein Drittel der Plätze im Sondierungsteam der Union zur Bildung einer neuen Bundesregierung zu verlangen. Fünf Personen nominierte die CSU, noch bevor die Kandidaten der CDU öffentlich wurden. Bei der SPD stand da schon schnell ein schlankes Sondierungsteam von sechs Verhandlern aus Kanzlerkandidat, Partei- und Fraktionsspitze, Generalsekretär und einer erfahrenen Ministerpräsidentin fest. Da blieb die CSU nur knapp darunter, obwohl sie nur ein Fünftel der bundesweiten SPD-Stimmen einfuhr. FDP und Grüne hatten jeweils zehn Personen in ähnlicher Struktur benannt, mit denen sie in die Sondierung ziehen wollen. Die CDU folgte dann ebenfalls mit zehn Politikern. Dies würde das Unionsteam auf 15 Personen anschwellen lassen, wenn alle gemeinsam antreten – und der CSU ein Drittel in diesem Kreis bescheren. Aus Bayern kam von CSU-Generalsekretär Markus Blume umgehend Kritik an der Schwesterpartei wegen der Größe des Teams, nachdem die CSU mit der offensichtlich nicht abgestimmten Nominierung das Problem erst geschaffen hatte. Zuvor soll es Terminschwierigkeiten zwischen CSU und CDU gegeben haben. Vielleicht hatte die CSU-Spitze ausgerechnet, dass sie auf diese Weise mit fünf im Zehnerteam die Hälfte der Plätze besetzen kann. Regieren will die CSU jedenfalls nicht. Denn Söder und seine Leute tun alles, um dies für die Union zu verhindern.