Rekordergebnis

Champagner-Branche profitiert von Nachholbedarf

Nach dem Einbruch der Ergebnisse 2020 steuert die Champagner-Branche in diesem Jahr auf ein Rekordergebnis hin. Zu verdanken hat sie das auch dem Konsumverhalten, das sich wegen der Pandemie verändert hat.

Champagner-Branche profitiert von Nachholbedarf

Von Gesche Wüpper, Paris

Ein Glas Champagner und dann ins Bett – so lautet inzwischen der Plan vieler Franzosen für Silvester. Omikron verdirbt zwar ihre Aussichten auf eine große Feier, doch darauf verzichten, auf ein besseres neues Jahr anzustoßen, wollen sie dennoch nicht. Die Pandemie hat das Konsumverhalten deutlich verändert. Verbraucher wollen es sich zu Hause gemütlich machen, sich selber verwöhnen, um die letzten zwei Jahre zu vergessen. Und davon profitiert die Champagner-Branche.

„Es ist der Wahnsinn“

Nachdem Covid-19 die Hersteller 2020 stark getroffen hat, ist die Nachfrage nach dem Edel-Schaumwein in diesem Jahr geradezu explodiert. Dank den Impfkampagnen, der weitestgehenden Normalisierung des Lebens sowie dem Nachholbedarf von Konsumenten und Händlern erwarten die Champagner-Produzenten 2021 neue Rekordergebnisse – trotz Omikron. Die Zahlen dürften die des Vorkrisenjahres 2019 übertreffen und sogar noch besser ausfallen als im September erwartet. So geht der Branchenverband Comité interprofessionnel du vin de Champagne (CIVC) davon aus, dass der Umsatz von 4,2 Mrd. Euro im Vorjahr auf mehr als 5,5 Mrd. Euro steigen wird und die Zahl der verkauften Flaschen von 244 Millionen auf 320 Millionen. Luxusgüterriese LVMH, mit Dom Pérignon, Moët & Chandon, Veuve Clicquot, Krug, Mercier und Ruinart die Nummer 1 der Branche, steigerte den Umsatz seiner Wein- und Champagnermarken in den ersten neun Monaten von 1,31 Mrd. auf 1,82 Mrd. Euro. Der Umsatz von Laurent-Perrier wiederum verbesserte sich in dem am 30. September beendeten ersten Halbjahr um 80,5% auf 128,5 Mill. Euro, während der von Lanson BCC in den ersten sechs Monaten um 33,7% auf 99 Mill. Euro zulegte. Die nun aus der Fusion der Kooperativen Nicolas Feuillatte und Coopérative Régionale des Vins de Champagne entstandene Gruppe Terroirs et Vignerons de Champagne hat Laurent-Perrier gerade als Nummer 2 der Branche mit einem Jahresumsatz von 267 Mill. Euro abgelöst.

Bisher zumindest scheinen sich die Verbreitung der Omikron-Variante und der starke Anstieg der Infektionen noch nicht sonderlich auf die Champagner-Verkäufe auszuwirken. Es sei bisher unmöglich, mögliche Auswirkungen zu beziffern, meint der Vorsitzende der Vereinigung der Champagner-Häuser, Jean-Marie Barrillère. Er sei jedoch sicher, dass sich Omikron auf die Verkäufe auswirken werde.

„Es ist der Wahnsinn“, sagt Benoit Melendez, der in Paris die auf Champagner spezialisierte Boutique und Bar „L‘Extra Brut“ betreibt, über das bisherige Geschäft. Er habe teilweise Schwierigkeiten, die starke Nachfrage zu befriedigen. Laut Daten der Marktforscher von Nielsen war Champagner die Lebensmittelkategorie, die in französischen Supermärkten im November am stärksten vergriffen war. Frankreich ist für die Champagner-Branche noch immer der mit Abstand wichtigste Markt. Immerhin entfallen auf ihn vom Volumen her 46,4% der Verkäufe und vom Wert her 39%.

Auffüllen der Lagerbestände

Eine solche Phase habe er in seinem langjährigen Berufsleben noch nicht gesehen, meint auch Fabrice Rosset, der Chef des Champagnerhauses Deutz, das mit der Familie Rouzaud denselben Eigentümern wie Roederer gehört. Die Stimmung erinnere ihn ein wenig an das Jahr 1999, als alle die Jahrtausendwende mit Champagner hätten feiern wollen. Die Euphorie sei in diesem Jahr sogar noch etwas ausgeprägter. Zumindest vor Omikron.

Das spiegelt sich auch in den Zahlen von Deutz wieder. So haben die Verkäufe des klassischen Cuvées der Marke um 80% zugelegt und die der mehr als 100 Euro teuren Spezial-Cuvée Amour de Deutz um immerhin 40%. Das überraschend starke Wachstum erklärt sich die Branche auch dadurch, dass die Verkäufe von Einzel- und Großhändlern 2020 besser gelaufen zu sein scheinen, als die Exporte vermuten ließen. Infolge der Engpässe im Frachtgeschäft und der Corona-Beschränkungen konnten die Händler ihre geleerten Lager­bestände nicht wie gewünscht auf­füllen.

Das haben sie 2021 nachgeholt. Da parallel zu den anhaltenden Logistikproblemen jedoch auch die Nachfrage der Konsumenten wieder gestiegen ist – daheim, aber auch in der wieder geöffneten Gastronomie – kommt es nun teilweise zu Lieferengpässen.

Profitiert haben Champagnerproduzenten auch vom starken Anstieg des E-Commerce. Die auf Champagner spezialisierte Seite Plus des Bulles etwa meldet in diesem Jahr zweistellige Wachstumsraten, nachdem sie die Verkäufe bereits 2020 während der Ausgangssperren in Frankreich kräftig steigern konnte. Quentin Meurisse, der Marketingchef der zu Pernod Ricard gehörenden Champagner-Marken Mumm und Perrier-Jouët, berichtet, dass der Cuvée Grand Cordon von Mumm in den USA traditionellerweise in Restaurants konsumiert worden sei. Wegen den Lockdowns hätten Amerikaner jedoch begonnen, ihn per Internet zu bestellen und zu Hause zu trinken. Das würden sie auch weiterhin tun, auch wenn sie nach der Wiedereröffnung der Gastronomie auch wieder Champagner in Restaurants bestellen.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.