LeitartikelPrivate Equity

Comeback der Heuschrecken

Die Zerschlagung der Software AG erinnert verdächtig an jenes hemdsärmelige Financial Engineering, mit dem sich Private Equity ihr Heuschrecken-Image verdient hat.

Comeback der Heuschrecken

Comeback der Heuschrecken

Von Heidi Rohde

Eigentlich haben Private-Equity-Gesellschaften seit geraumer Zeit nichts zu lachen. Schon die rekordlange Phase des billigen Geldes hatte für die Zunft keineswegs nur Vorzüge. Zwar wurden kreditfinanzierte Übernahmen durch die niedrigen Zinsen erleichtert, aber gleichzeitig sahen sich Finanzinvestoren einem Ansturm renditehungriger Institutioneller ausgesetzt, die sie mit Milliarden zuschütteten und damit einen Anlagedruck erzeugten, dem selbst etablierte Fonds kaum gerecht werden konnten. Infolgedessen glich der Investitionsprozess bei lukrativen Assets mitunter einem hektischen Tanz ums Goldene Kalb, bei dem manchem Investor so schwindlig wurde, dass ihm der Spaß an Leveraged Buy-outs verging.

Die Zinswende versetzte der Branche den nächsten Schlag, denn nun kam zum Anlage- auch noch der Exitdruck. In dem Maße, wie die Zinsen hochgingen, sackte der M&A-Deal-Fluss ab, und auch der zinssensible Aktienmarkt fiel als Ausstiegskanal aus.

Kursverfall genutzt

Vor diesem Hintergrund erscheint das Investment von Silver Lake bei der Software AG als rares „Glanzstück“ in einem trüben Umfeld. Der auf Technologiefirmen spezialisierte US-Investor stieg mithilfe einer Wandelanleihe ins Kapital der Firma ein und nutzte den Kursverfall des traditionsreichen, aber über Jahrzehnte schlecht gemanagten Unternehmens für eine Übernahme mit anschließendem Take Private. Längst haben Finanzinvestoren dabei gelernt, Hedgefonds und anderen lästigen Aktivisten keine Angriffsfläche zu bieten, indem sie ihre Tender-Offerten mit keinerlei Mindestannahmeschwellen verknüpfen. Um gleichwohl den Erfolg des Investments zu garantieren, greift Silver Lake allerdings zu Schachzügen, die Erinnerungen an die viel kritisierte Invasion der „Heuschrecken“ nach der Jahrtausendwende weckt.

Denn der ursprünglich keineswegs geringe Streubesitz der Software AG darf sich die Zerschlagung des einst zweitgrößten deutschen Software-Unternehmens im Rekordtempo in einer ohnmächtigen Zuschauerrolle ansehen. Diese verdankt er einem geschickt eingefädelten Klüngel zwischen Silver Lake, der Software AG – Stiftung als Großaktionär und nicht zuletzt Vorstand und Aufsichtsrat. Letztere ließen Unabhängigkeit und Transparenz im Interesse des Unternehmens vermissen, als sie eine Gegenofferte der von Bain Capital kontrollierten Rocket Software binnen kürzester Zeit ablehnten, mit dem lapidaren Hinweis einer fehlenden Transaktionssicherheit und der fortgeschrittenen strategischen Absprachen mit Silver Lake.

Überrollter Streubesitz

Der US-Investor verpflichtete sich im Übernahmeangebot explizit, einen Wachstumskurs der Software AG – insbesondere durch Stärkung cloudbasierter Geschäfte – zu unterstützen, schreitet dann allerdings mit Einverständnis der Gremien binnen kürzester Zeit zum Abverkauf wesentlicher cloudbasierter (sic) Bereiche, und das noch vor Ablauf der Delisting-Offerte an den – gänzlich überrollten – Streubesitz. Das macht nicht den Eindruck von „Unternehmensentwicklung“, die sich Private Equity sonst gern auf die Fahne schreibt, sondern erinnert verdächtig an jenes hemdsärmelige „Financial Engineering“, mit dem sich die Branche ihr Heuschrecken-Etikett verdient hat. Mit einem Verkaufserlös von 2,1 Mrd. Euro für die an IBM veräußerten Geschäfte holt Silver Lake den Kaufpreis für das gesamte Unternehmen auf einen Streich schon fast wieder rein.

Zu schnell verworfen

Es ist zwar keineswegs auszuschließen, dass Rivale Bain Capital im Falle einer erfolgreichen Gegenofferte ebenfalls die Axt angesetzt hätte, jedoch legt der geplante Kauf über das eigene Portfolio-Unternehmen Rocket Software doch eher einen Buy-and-build-Ansatz nahe. Bei einem Stiftungsunternehmen, das bei aller Wachstumsschwäche genügend Cashflow für solide Dividenden generierte, hätte man erwarten dürfen, dass Vorstand und Aufsichtsrat diese Möglichkeit zumindest intensiver prüfen. Und sei es nur deshalb, weil das Angebot des Silver-Lake-Rivalen schließlich immerhin gut 150 Mill. Euro höher ausfiel. Stattdessen müssen sich die Verantwortlichen fragen, ob sie die Software AG gleichsam zum Schlussverkaufspreis verramscht haben. Der Kurs der Aktie, für die Silver Lake 32 Euro bietet, stand jedenfalls zuletzt fast bei 37 Euro.

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Die Zerschlagung der Software AG erinnert verdächtig an jenes hemdsärmelige Financial Engineering, mit dem sich Private Equity sein Heuschrecken-Image verdient hat.