LeitartikelImmobilien

Die Weichen müssen jetzt gestellt werden

Auf der Immobilienmesse Expo Real müssen die Weichen für den 2024 erwarteten Aufschwung am gewerblichen Immobilienmarkt gestellt werden. Die Chancen, dass dies gelingt, stehen gut.

Die Weichen müssen jetzt gestellt werden

Immobilienmesse

Die Weichen müssen jetzt gestellt werden

Von Thomas List

Der demografische Wandel in der Immobilienwirtschaft drängt ins Bewusstsein. Die junge Generation muss bald übernehmen.

Kaum Transaktionen am gewerblichen Immobilienmarkt, Preise im Sinkflug, Banken, die ihre Taschen zuhalten, hohe Zinsen, kräftig gestiegene Baukosten – es gibt wahrlich genug Gründe für eine schlechte Stimmung auf der Expo Real, dem zentralen Branchentreffen im Herbst jeden Jahres.

Und doch ist vom 4. bis 6. Oktober auf dem Münchener Messegelände eher ein verhaltener Optimismus zu erwarten. Die Zahl der Aussteller ist fast so hoch wie im Vorjahr (1.850 vs. mehr als 1.900), 36 Länder sind vertreten (wohl etwas weniger als 2022), wie die Messeleitung verkündete. Immerhin findet ja durchaus die eine oder andere Transaktion statt, vor allem off-market, also im Verborgenen, wie man hört. Immer mehr Bestandshalter fügen sich in die Einsicht, dass die alten Bewertungen aus der Boomzeit von gestern sind. Und Investoren sehen ein, dass es mit Schnäppchenjagd und Fire Sales auch dieses Mal nichts wird – von Ausnahmen abgesehen.

Auf der Messe wird man sich im üblichen engen Zeittakt abtasten, Kaufinteressenten werden nach (günstigen) Gelegenheiten suchen und sicherlich den ein oder anderen Deal anbahnen. Die große Welle wird in München aber nicht ausgelöst. Das Transaktionsvolumen dürfte sowohl in Deutschland als auch im restlichen Europa in diesem Jahr überschaubar sein und damit weit entfernt von den Boomzeiten vor Corona.

Die Hoffnung liegt auf 2024. Sollte sich die Zinswende tatsächlich einstellen, wird dies sicherlich den Immobilienmarkt beflügeln. Die zwischenzeitlich versiegten Kapitalquellen werden dann wieder zu sprudeln beginnen und für Immobilienkäufe zur Verfügung stehen. Manch eigenkapitalstarker Investor steht schon jetzt in den Startlöchern und wird sich schon auf der Expo Real 2023 nach interessanten Objekten umsehen.

Im Vordergrund steht dabei die Sicherheit, sprich erstklassige Objekte an Top-Standorten befinden sich im Fokus. Das gilt in erster Linie für die immer noch größte Nutzungsart Büro. Die bleiben begehrt – trotz Homeoffice. Sicherlich verunsichert der Trend zum Zu-Hause-Arbeiten. Denn es ist unklar, inwieweit sich Arbeitnehmer noch ins Büro locken lassen und Büroflächen ungenutzt sind und bleiben.

Andererseits zeigt sich immer stärker, dass Büroflächen, die zu Zusammenarbeit und Kommunikation anregen, aber auch Rückzugsmöglichkeiten bieten, durchaus attraktiv sind. Solche Flächen werden vor allem in den zentralen Geschäftsbezirken der Metropolen nachgefragt. Ob das auch für Co-Working-Flächen am Stadtrand und in B- oder C-Städten gilt, wo sich diejenigen treffen könnten, die zu Hause nicht arbeiten können oder wollen, muss sich erst noch zeigen.

Über allem schweben die Themen Klimawandel, Nachhaltigkeit und ESG. Das hat auch die Expo Real erkannt (nicht erst in diesem Jahr). Aber 2023 gibt es erstmals eine Sonderschau, die unter dem Motto "Decarb - make the climate change work" Lösungsansätze für die Dekarbonisierung präsentieren und entsprechende Anbieter zusammenbringen will.

Dabei sind Digitalisierungsexperten gefragt, die Daten sammeln und aufbereiten. Nur so kann die Grundlage für eine energieeffiziente Bewirtschaftung von Gebäuden geschaffen werden. Da steht die Branche erst am Anfang. Die Messe könnte wichtige Impulse geben, damit intelligente Lösungen zur Ressourcenschonung sich in der Breite durchsetzen.

Nicht zuletzt drängt der demografische Wandel in der Immobilienwirtschaft immer stärker ins Bewusstsein. Die auch in der Immobilienbranche an den Schalthebeln sitzenden geburtenstarken Jahrgänge – meist weiß und männlich – treten langsam, aber sicher ab.

Die junge Generation muss bald übernehmen. Sie sollte vielfältiger (diverser) sein und damit offener, um die Herausforderungen besser meistern zu können, als es die abtretende Generation vermocht hat. Die Weichen dafür müssen jetzt gestellt werden. Die Expo Real kann dazu einen wichtigen Beitrag leisten.

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