Brüssel

Einflussreiche Klimakämpfer aus dem Europaparlament

Wenn die COP26 in Glasgow zu Ende ist, wird es im EU-Parlament darum gehen, den Gesetzgebungsprozess des großen Klimapakets „Fit for 55“ voranzutreiben. Zu den dann entscheidenden Abgeordneten, die in der Klimapolitik besonders einflussreich sind, gehören auch eine Handvoll Deutsche.

Einflussreiche Klimakämpfer aus dem Europaparlament

Zu den vielen Delegationen, die aktuell auf der Weltklimakonferenz in Glasgow vorstellig werden, wird sich in den nächsten Tagen auch noch eine 15-köpfige Abordnung aus dem Europaparlament gesellen. Die Abgeordneten werden zwar nicht entscheidend für den Ausgang von COP26 sein. Allerdings wird jedes internationale Klimaabkommen auch künftig vom EU-Parlament ratifiziert werden müssen. Die Abgeordneten selbst sehen sich daher in Glasgow auch als „Watchdog für die EU-Kommission und die EU-Ratspräsidentschaft“, wie der stellvertretende Delegationsleiter Peter Liese (CDU) betont. Außerdem werden Liese und andere aus dieser Gruppe große Bedeutung für die weitere Umsetzung des Green Deal innerhalb Europas haben, insbesondere im anstehenden Gesetzgebungsprozess des „Fit for 55“-Pakets.

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Dies trifft besonders auf den Chef der Sonderdelegation zu, den Franzosen Pascal Canfin. Der 47-Jährige gilt als enger Vertrauter des französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Im EU-Parlament ist Canfin, der der liberalen Renew-Fraktion angehört, der Vorsitzende des Umweltausschusses, dem bei „Fit for 55“ eine Schlüsselrolle zufällt. Vor seinem Einzug in das Parlament 2019 arbeitete er unter anderem als Berater beim amerikanischen World Resources Institute und wurde Anfang 2016 Generaldirektor der Umweltschutzorganisation WWF in Frankreich. Canfins Nähe zu Macron macht es wenig verwunderlich, dass er auch ein eindeutiger Befürworter der Atomenergie ist und im Parlament zu den treibenden Kräften gehört, die die Atomkraft mit einem positiven Votum in der Taxonomie versehen wollen, dem EU-Klassifizierungssystem für nachhaltige Investitionen.

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Die international agierende PR-Agentur Burson Cohn & Wolfe (BCW) und das unabhängige Brüsseler Analysehaus Votewatch Europe haben vor wenigen Tagen eine Untersuchung über die aktuellen Machtverhältnisse im EU-Parlament veröffentlicht. Dabei wurden die Möglichkeiten der einzelnen Abgeordneten zur politischen Einflussnahme analysiert, also ihre Fähigkeiten, Gesetze zu ändern, Stimmen zu gewinnen und Debatten zu gestalten. Daneben spielte aber auch der soziale Einfluss eine Rolle, also etwa die Möglichkeiten, Menschen über soziale Netzwerke zu erreichen, die öffentlichen Debatten zu verändern und Menschen zu mobilisieren. Canfin tauchte in der Liste der einflussreichsten Abgeordneten bereits auf Platz 6 auf, als einflussreichster Franzose. In der Klima- und Umweltpolitik steht er auf Position 1 – gefolgt von seinem Gegenspieler von den Grünen, Bas Eickhout. Der 45-jährige Niederländer, der dem EU-Parlament bereits seit 2009 angehört, ist der stellvertretende Chef des Umweltausschusses und unter anderem leidenschaftlicher Atomkraftgegner.

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Die 45 Jahre alte CDU-Politikerin Hildegard Bentele gehört zwar der COP26-Delegation des Parlaments an – hat es in der BCW-Votewatch-Untersuchung allerdings noch nicht in die Top 20 der mächtigsten Klimapolitiker geschafft. Dort finden sich allerdings fünf andere Deutsche, allen voran auf Platz 8 der Sauerländer Peter Liese, der sich als Arzt schon als Gesundheitspolitiker in der Pandemie einen Namen gemacht hat. Im Parlament wird er unter anderem als Berichterstatter für die Reform des europäischen Emissionshandels noch eine hervorgehobene Rolle spielen. In der Liste der mächtigsten Klimapolitiker der BCW-Votewatch-Studie finden sich auch noch die beiden Agrarpolitiker Martin Häusling (Grüne, Platz 12) und Norbert Lins (CDU, Platz 16) wieder sowie die beiden Grünen Michael Bloss (15) und Sven Giegold (18), wobei Letzterer ja auch als Finanzexperte seiner Fraktion hervorsticht. Trotz dieser Platzierungen ist der deutsche Einfluss in der Klimapolitik des EU-Parlaments allerdings begrenzt, wie die Analyse auch zeigt. Beim sozialen Einfluss ist Frankreich nämlich das klar dominierende Land. Und beim politischen Einfluss spielt etwas überraschend vor allem Spanien eine wichtige Rolle.

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