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Findet Nemo

Nach dem jüngsten Sieg über Aktivisten muss Disney die Nachfolge für CEO Bob Iger schnellstmöglich regeln. Noch halten sich berechtigte Zweifel an der Fähigkeit des Verwaltungsrats, einen geeigneten neuen Vorstandschef auszuwählen.

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Von Alex Wehnert

Nach Erfolgen im Kampf gegen Aktivisten muss Disney die Nachfolge für CEO Bob Iger schnellstmöglich regeln.

Disney mag die Attacke von Nelson Peltz abgeschmettert haben – ein zentraler Kritikpunkt des aktivistischen Investors wird den Entertainment-Riesen aber über den Stimmrechtskonflikt hinaus beschäftigen. Denn wie der Hedgefonds-Lenker haben auch andere einflussreiche Aktionäre ihr Missfallen über die mangelnde Nachfolgeregelung des Konzerns für Vorstandschef Bob Iger geäußert.

Der heute 73-Jährige, bereits zwischen 2005 und 2020 an der Konzernspitze und seit 2022 in zweiter Amtszeit aktiv, genießt an der Wall Street großes Vertrauen. Auch Privatanleger, die mehr als ein Drittel der Aktien des Konglomerats kontrollieren, stärken dem Konzernlenker den Rücken. Auf der Hauptversammlung wurde Iger gemäß vorläufigen Ergebnissen mit 94% der Stimmen im Verwaltungsrat bestätigt.

Disney-Chef Bob Iger dürfte die Suche nach seinem Nachfolger ebenso Kopfzerbrechen bereiten wie den restlichen Direktoren des Konzerns. Foto: PI via ZUMA Press Wire.

Doch sein Vertrag läuft Ende 2026 aus, verlängern will ihn der mächtige CEO nicht. Damit steht der Verwaltungsrat vor einer Herausforderung, die jener des Anemonenfischs Marlin aus dem Animationsfilm „Findet Nemo“ des Disney-Studios Pixar in wenig nachsteht. Der Korallenriffbewohner muss sich dabei auf eine gefährliche Reise durch die Weiten des Pazifiks begeben, um seinen von Menschen gefangenen Sohn zurück nach Hause zu bringen. Die Disney-Direktoren müssen es bei der Nachfolgersuche für Iger vielleicht nicht mit Haien und Tiefseeanglerfischen aufnehmen, dafür aber mit ungeduldigen institutionellen Anteilseignern – die von der Performance der vergangenen Jahre trotz des jüngsten Kursaufschwungs nicht eben verwöhnt sind und auf schnelle Verbesserungen im Filmstudio- und Streaming-Geschäft dringen.

Chapek-Episode weckt Zweifel

Zwar sind intern durchaus Nachfolgekandidaten vorhanden. Allerdings halten sich nach dem verunglückten Experiment mit dem 2020 als Iger-Ablösung bestimmten Bob Chapek berechtigte Zweifel an der Fähigkeit alteingesessener Mitglieder des Verwaltungsrats, tatsächlich den geeignetsten CEO auszuwählen.

Der über lange Jahre in verschiedenen Konzernfunktionen tätige Manager erhielt nach seinem Aufstieg an die Vorstandsspitze noch Mitte 2022 eine Vertragsverlängerung, nur um nach Misserfolgen im Streaming Monate später geschasst und als strategischer Fehlgriff abgestempelt zu werden. Nun muss Disney schnellstmöglich das Netz nach einem neuen CEO auswerfen – und darauf hoffen, dass diesmal ein Fisch mit höherem Erfolgspotenzial darin zappelt. Die heiß gekochte Nachfolgedebatte bei Disney stellt unterdessen eine Warnung an andere US-Konzerne dar, ihren Nemo rechtzeitig zu finden.

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