Meta

Flucht aus der Realität

Das „nächste große Ding“ von Facebook erfordert vor allem großen Aufwand. Da passt es schlecht, dass auf dem Weg in die virtuelle Welt in der realen die Einnahmen weniger üppig sprudeln. Für die verwöhnten Anleger ist das ein Schock.

Flucht aus der Realität

Auf dem noch reichlich nebulösen Weg ins sogenannte Metaversum kriegen es die Aktionäre des umgetauften sozialen Netzwerks mit der Angst zu tun. Das „nächste große Ding“, das in den Facebook-Reality Labs vor allem mit großem Aufwand entwickelt wird, erscheint noch reichlich virtuell, um ein real tragfähiges Ge­schäftsmodell abzugeben. Un­terdessen stellt sich in der bisherigen Wirklichkeit Ernüchterung ein. Der globale Pandemieschwung, der allen Plattformriesen und Internetmedien eine nochmals erhöhte Teilnehmerfrequenz und infolgedessen gestiegene Werbeeinnahmen beschert hatte, ebbt an dieser Stelle ab. Hinzu kommen wachsende Hürden bei der Datenakquise: zum einen durch das neue Tracking-Modell von Apple, das bei Meta in diesem Jahr allein mit 10 Mrd. Dollar ins Kontor schlägt; zum anderen durch zunehmenden Gegenwind, der als Folge schärferer Datenschutzregulierung aufkommt. Dies vor allem in Europa, wo Facebook den zweithöchsten monatlichen Umsatz per Nutzer nach Nordamerika erzielt.

Die von einem lange Zeit sprunghaften Wachstum verwöhnten Investoren erwischt der für das laufende erste Quartal avisierte Umsatzanstieg um bis zu maximal 12 % auf dem falschen Fuß. Sie nehmen daran umso mehr Anstoß, als dass die Bremsspuren auf der Einnahmenseite mit deutlich erhöhten Ausgaben einhergehen. Denn der Aufbau der virtuellen Welten, in denen sich die Teilnehmer demnächst nicht nur häufiger, sondern auch ausdauernder aufhalten sollen, kostet viel Geld. Es braucht mehr Mitarbeiter, aufwendige Technologien mit künstlicher Intelligenz, neue attraktive Inhalte und all das in absehbarer Zeit.

Zudem ist nicht von der Hand zu weisen, dass auch ein Konzern wie Meta einen solchen Kraftakt nicht allein stemmen kann. Ergänzende Zukäufe können geboten sein. Aber auch hier lauern Risiken, denn die Akquisitionsstrategie großer Technologiekonzerne ist ganz nach vorn auf den Radarbildschirm der Wettbewerbsbehörden geraten.

Angesichts dieser Perspektiven sammeln die Anleger ihre im Tech-Sektor teilweise allzu großzügig verteilten Vorschusslorbeeren wieder ein, und zwar ebenfalls im großen Stil. In der Spitze sind im frühen Handel an der Nasdaq fast 220 Mrd. Dollar verdampft, ein singuläres De­saster für ein börsennotiertes US-Unter­nehmen und ein Weckruf für alle, die sich darauf eingestellt hatten, dass im Tech-Sektor die Bäume in den Himmel wachsen. Auch für Metas Milliardenwagnis gilt: Wer höher steigt, kann tiefer fallen.

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