KommentarKreditwürdigkeit

Frankreich ist noch nicht aus dem Schneider

Trotz der Erleichterung über das Urteil von S&P ist Frankreich noch lange nicht aus dem Schneider. In den nächsten Monaten steht für die zweitgrößte Volkswirtschaft der Eurozone viel auf dem Spiel.

Frankreich ist noch nicht aus dem Schneider

Frankreichs Bonität

Noch nicht aus dem Schneider

Von Gesche Wüpper

Für die zweitgrößte Volkswirtschaft der Eurozone steht in den kommenden Monaten viel auf dem Spiel.

Der Nikolaus hat Frankreichs Wirtschaftsministerium ein paar Tage früher als üblich beschert. Nach der Abstufung durch Fitch im Frühjahr hatte Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire bangen müssen, dass Standard & Poor's (S&P) jetzt folgen könnte. Doch die einflussreiche Ratingagentur hat die zweitgrößte Volkswirtschaft der Eurozone auf "AA" belassen.

Aus dem Schneider ist sie damit jedoch noch lange nicht, denn S&P hat die Perspektive auf "negativ" belassen. Frankreich steht bereits seit einem Jahr unter Bonitätsbeobachtung. Wenn es 2024 nicht gelingt, den Abbau der hohen Staatsverschuldung und des hohen Defizits glaubwürdig umzusetzen, droht Paris doch noch die Abstufung durch S&P. Der Spread zwischen französischen und deutschen Staatsanleihen ist seit Anfang 2022 bereits von 30 auf 50 Basispunkte gestiegen.

Für Frankreich steht in den kommenden Monaten viel auf dem Spiel. Immerhin ist das Land mit mehr als 3.000 Mrd. Euro verschuldet, was 112% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) entspricht. Dabei wird es nicht bleiben, denn nächstes Jahr will sich Frankreich 285 Mrd. Euro an den Kapitalmärkten leihen, ein Rekord. Und auch wegen der gestiegenen Zinsen steigt die Schuldenlast weiter an.

Um ihre Glaubwürdigkeit zu bewahren, muss die Regierung von Präsident Emmanuel Macron nun vor allem ihre haushaltspolitischen Versprechen umsetzen und das Defizit 2024 von 4,9% in diesem Jahr auf 4,4%, danach bis 2027 schrittweise auf 3% senken. Eine riskante Übung, denn ihre Pläne beruhen auf Prognosen, die Ökonomen für viel zu optimistisch halten.

So geht Wirtschaftsminister Le Maire für dieses Jahr noch immer von einem Wachstum von 1% aus, obwohl die französische Wirtschaft im dritten Quartal um 0,1% geschrumpft ist. Für 2024 erwartet er ein Plus von 1,4%, während Experten im Schnitt mit gerade mal 0,8% rechnen. Sollte das Wachstum tatsächlich schwächer ausfallen, so reduziert sich natürlich auch der Handlungsspielraum der Regierung.

Für 2024 hat sie Einsparmöglichkeiten gefunden, mit denen sie S&P überzeugen konnte. Doch ein Großteil beruht auf dem Auslaufen von Maßnahmen zur Abmilderung der Inflationsfolgen. Deshalb wird es für Le Maire für die Zeit nach 2024 sehr viel schwieriger werden, neue Einsparmöglichkeiten zu finden. Um seinen Haushalt zu konsolidieren und seine Bonität zu wahren, muss Frankreich nun seine Ausgabenpolitik und sein Sozialmodell grundlegend überprüfen.

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