Notiert inTokio

Fukushima heißt nicht mehr Hukusima

Japanische Wörter werden künftig nach einem einheitlichen System in das lateinische Alphabet übertragen. Aber manche Probleme bleiben.

Fukushima heißt nicht mehr Hukusima

Notiert in Tokio

Fukushima heißt nicht mehr Hukusima

Von Martin Fritz

Rechtschreibreform auf Japanisch geht anders: Zum ersten Mal seit fast 70 Jahren überarbeitet Japan seine Regeln für die Transkription von japanischer Schrift in unsere lateinischen Buchstaben, auf Japanisch „Roma-Schrift“ genannt. Das ungewöhnliche Ziel der Reform besteht jedoch darin, die offiziell vorgeschriebene Schreibweise in westlichen Buchstaben mit der Alltagspraxis in Einklang zu bringen.

Bisher verwendet Japan für die Transkription die Kunrei-Shiki-Regeln von 1954. Wenn die Schüler ab der dritten Klasse die Umschrift des Japanischen in unser ABC lernen, zum Beispiel von ihrem eigenen Namen, dann passiert dies auf der Grundlage dieser alten Regeln. Künftig sollen jedoch die Hepburn-Regeln verbindlich gelten. Letztere spiegeln die Aussprache von japanischen Wörtern durch westliche Ausländer besser wider.

Ungeachtet der offiziellen Vorschrift wird diese Hepburn-Schreibweise in Japan paradoxerweise bereits heute bevorzugt verwendet. Die japanischen Namen von Orten auf Straßenschildern und von Bahnhöfen sowie die Vor- und Nachnamen in Reisepässen werden zum Beispiel auf diese Weise in unser ABC übertragen.

Kunrei oder Hepburn?

Der Unterschied zwischen Kunrei und Hepburn ist klein, aber fein. Das bekannte Tokioter Stadtviertel Shinjuku wird im Kunrei-System als „Sinzyuku“ geschrieben. Shinjuku (gesprochen: schin-dschu-ku) ist die Hepburn-Schreibweise. Auf Japanisch klingen "Shin" und "Sin" beide wie „schin“ und daher gleich, im Deutschen dagegen unterschiedlich. Fukushima heißt in offiziellen Papieren bisher „Hukusima“ – „Fu“ und „Hu“ sprechen Japaner identisch aus.

Die Umschrift von Japanisch in unser ABC sollte jedoch das Ziel haben, dass Ausländer beim Aussprechen den japanischen Lauten möglichst nahekommen. Daher stellt Japan nun auf das Hepburn-System um. (Schmankerl: Der Name des US-Missionars James Curtis Hepburn, der von 1859 bis 1905 in Japan lebte und ein Englisch-Japanisch-Lexikon in seiner eigenen Umschrift herausgab, wird bislang „Hebon“ geschrieben.)

Die Probleme mit der lateinischen Schreibweise von japanischen Wörtern dürften damit jedoch nicht aufhören. Die Webseite der Investmentbank Daiwa zum Beispiel erlaubt keine Anmeldung mit einem Namen in westlicher Schrift. Verwendet man die japanische Katakana-Schreibweise seines Namens, erhält man per E-Mail den Hinweis, dass dieser Name nicht mit dem Namen des Führerscheins übereinstimmt, der in lateinischen Buchstaben geschrieben ist!

Einige Banken wiederum übertragen den lateinisch geschriebenen Namen eines Kontoinhabers zusätzlich in Katakana-Schrift und drehen  die Reihenfolge von Vornamen und Nachnamen um. Aus „Martin Fritz“ wird „fu-ri-tsu-ma-chi-n“. Meine Bank behielt jedoch aus Versehen im Katakana-Namen die westliche Reihenfolge bei. Dadurch ist es mir noch nie gelungen, eine Abbuchungsgenehmigung zu erteilen, weil die Reihenfolgen der Namen nicht gleich sind.

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