Notiert in Frankfurt

Immerhin vor Offenbach

Ernüchternde Nachricht für Frankfurter, die ihre Stadt so sehr lieben: In einer Umfrage landet die Mainmetropole unter den beliebtesten Reisezielen ausländischer Touristen nur auf Rang 72. Einziger Trost: Die Nachbarstadt im Osten hat es überhaupt nicht unter die Top 100 geschafft

Immerhin vor Offenbach

Notiert in Frankfurt

Immerhin vor Offenbach

Von Detlef Fechtner

Zugegeben, wer als Tourist nach Frankfurt kommt, den springt die Stadt nicht unbedingt gleich an. Wer etwa erst ewig lange, unwirtliche Gänge am Flughafen durchqueren oder sich vom Bahnhof aus via Mosel- und Elbestraße ins Stadtzentrum herantasten muss, der schließt die Stadt wahrscheinlich nicht auf den ersten Blick ins Herz. Böse Zungen behaupten sogar, dass in den Augen von manchem ausländischen Reisenden die bedeutendste Sehenswürdigkeit Frankfurts das Heidelberger Schloss sei.

Aber natürlich wissen wir Frankfurter um die wundervollen Paradiese, die unsere Stadt zu bieten hat – auch für Besucher. Seien es die verschlungenen Pfade im Palmengarten, die großartigen Ausstellungen am Museumsufer, der prächtige Ausblick vom Lohrberg oder die Schiller- und Konstablermärkte. Umso ernüchternder, dass es Frankfurt in einer in diesem Sommer veröffentlichten Umfrage der Deutschen Zentrale für Tourismus über die beliebtesten Reiseziele ausländischer Touristen in Deutschland gerade mal auf Rang 72 geschafft hat. Weit hinter Aachen, Bremen, Koblenz oder Goslar. Immerhin liegt Frankfurt vor Offenbach, denn die Nachbarstadt hat es gar nicht erst unter die Top 100 gebracht.

Bemerkenswert an der Rangliste der Tourismuszentrale ist, dass die Destinationen, die man ganz, ganz vorne erwarten würde, erst auf den weiteren Plätzen zu finden sind. Neuschwanstein auf Platz 6, der Schwarzwald auf Rang 8, das Brandenburger Tor erst an Stelle 37 und die Loreley gar nur auf Posten 76. Dafür gehen die Spitzenreiter-Positionen an Freizeitparks mit Achterbahnen, nachgebauten Westernstädten oder Pagoden und jeder Menge Schnellgastronomie: an den Europark Rust, an das Miniaturwunderland Hamburg und an das Phantasialand Brühl. Nix Dresdner Zwinger, nix Münchner Frauenkirche, nix Hamburger Elbphilharmonie – und auch nicht Zugspitze oder Harzer Brocken. Viele Gäste aus Übersee scheinen sich an die alte Losung von Herrenrunden zu halten: Berge von unten, Kirchen von außen, Kneipen von innen.

Ganz anders als in Amsterdam, Barcelona oder Brügge fallen die Touristen im Frankfurter Stadtbild kaum auf. Beim Spaziergang über die Zeil oder an der Mainpromenade jedenfalls sind Gruppen, die von Reiseleitern mit in die Luft gerecktem gelbem Regenschirm angeführt werden, sehr überschaubar. Zu den wenigen Ausnahmen zählt der Alte-Oper-Brunnen, das Euro-Zeichen gegenüber des Schauspiels und das Bulle-und-Bär-Denkmal am Börsenplatz. Wer sich dort länger aufhält, landet mit großer Wahrscheinlichkeit als unabsichtlicher Statist in amerikanischen oder chinesischen Reisevideofilmen. Ansonsten sind die Touristen aber zwischen Südbahnhof und Eschenheimer Turm eher eine Randgröße.

Gewiss, es gibt auch Statistiken des Reiseverkehrs, in denen Frankfurt weit vorne auftaucht – nämlich in den Zahlenwerken, die sich mit Geschäftsreisenden beschäftigen. Hier kann die Stadt am Main natürlich aus zwei Gründen punkten – wegen des Flughafens. Und wegen der Messen – und das sind längst nicht mehr nur die Leuchtturm-Ausstellungen wie die Buchmesse oder die Sanitär- und Heizungstechnikmesse ISH, auf frankfurterisch: die Interklo. Sondern auch die vielen kleinen Branchentreffen wie die InterWhisky, die Christmasworld oder die Hair Beauty.

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