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Italiens Modekonzerne sind fein, aber zu klein

Marken wie Prada, Versace und Armani wecken das Interesse ausländischer Investoren. Die italienischen Modekonzerne glänzen bei Umsatz und Gewinn, sind aber im internationalen Vergleich zu klein.

Italiens Modekonzerne sind fein, aber zu klein

Italiens Modekonzerne sind fein, aber zu klein

Starke Position im Luxussektor erweckt das Interesse ausländischer Unternehmen

Von Gerhard Bläske, Mailand

Marken wie Prada, Versace und Armani wecken Begehrlichkeiten. Versace ist gerade amerikanisch geworden.

Die italienischen Modekonzerne haben im ersten Halbjahr überwiegend deutlich zweistellige Umsatzzuwächse verzeichnet und auch ihre Ertragslage weiter verbessert. Die Impulse kamen jedoch meist nicht mehr so sehr aus Nordamerika, dem weltweit größten Markt der Branche, sondern aus Europa und Asien. Die Unternehmen sind auch für die zweite Jahreshälfte überwiegend optimistisch.

Dennoch gibt es Anzeichen für eine Verlangsamung des Wachstums, meint etwa die Mediobanca in ihrer jüngsten Studie zum italienischen Modemarkt. Und auch die zuletzt beschleunigte Konsolidierung im Markt deutet darauf hin, dass es für Unternehmen schwieriger werden könnte. Die Ausgaben für die internationale Expansion, die Digitalisierung, die Diversifizierung, Rohstoffe, neue Kollektionen sowie die Nachhaltigkeit von Produkten und Produktion sind enorm. Italienische Modeunternehmen sind aber im Vergleich zu Branchenriesen wie LVMH, Hermès, Kering und Richemont winzig und haben häufig keinen guten Zugang zu den Finanzmärkten.

Ausländische Interessenten

Während etwa der französische Luxusgüterkonzern LVMH, zu dem weltweit mehr als 70 Marken gehören, auf eine Kapitalisierung von 408 Mrd. Euro kommt und Hermès (Frankreich) auf 204 Mrd. Euro, sind Kering (Frankreich) und Richemont (Schweiz) immerhin noch 63,9 bzw. 67,7 Mrd. Euro wert. Der teuerste italienische Konzern Moncler (mit Stone Island) wird gerade einmal mit 17,7 Mrd. Euro bewertet, Prada mit 16,8 Mrd. Euro.

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Kering hat gerade von der katarischen Fondsgesellschaft Mayhoola für 1,7 Mrd. Euro 30% des römischen Modehauses Valentino erworben – mit einer Kaufoption für den Rest. Valentino wurde 1960 gegründet und setzt 1,4 Mrd. Euro um. Zu Mayhoola gehört auch der ebenfalls italienische Modekonzern Pal Zileri.

Richemont erwarb den Schuhhersteller Gianvito Rossi. Und Versace wurde vor wenigen Tagen amerikanisch. Die Modemarke gehörte bisher zu Capri Holdings, die nun für 7,7 Mrd. Euro von der New Yorker Tapestry übernommen worden ist. Bestandteil des neuen Modekonzerns, der auf einen Umsatz von 12 Mrd. Dollar kommt, sind Versace, Jimmy Choo, Michael Kors, Kate Spade und Coach.

Französische Modekonzerne kaufen zu

Bemühungen, in Italien ähnlich wie in Frankreich einen großen Modekonzern zu schaffen, sind größtenteils gescheitert – teilweise auch aus persönlichen Animositäten. Mit einem Umsatz von gerade mal 4,2 Mrd. Euro ist Prada klein im Verhältnis etwa zu LVMH (80 Mrd. Euro). Renzo Rosso gehört zu den wenigen, die es auf kleinerer Ebene probiert haben: Mit seiner OTB kontrolliert er Marken wie Diesel, Maison Margiela, Marni oder Jil Sander und kommt auf einen Umsatz von 1,7 Mrd. Euro.

Im Laufe der letzten 25 Jahre sind immer mehr italienische Marken von ausländischen Häusern aufgekauft worden. Der Mediobanca-Studie zufolge sind gemessen am Umsatz 43,6% der Unternehmen mit Jahreserlösen von mehr als 100 Mill. Euro in ausländischer Hand. Besonders stark haben die französischen Modekonzerne in Italien eingekauft: Sie kontrollieren etwa ein Viertel der 152 größten Unternehmen, vor allem im Luxussektor, wo Italien besonders stark ist. So hat sich etwa LVMH den Schmuckhersteller Bulgari, Fendi, Pucci, Berluti und Loro Piana einverleibt und Kering die Marken Gucci, Brioni, Bottega Veneta und Pomellato (Schmuck) sowie gerade einen Teil von Valentino.

Neue Eigentümer investieren

Die Entwicklung der Modebranche, die für etwa 1,3% des Bruttoinlandsprodukts des Landes steht, war mit ausländischen Eignern nicht negativ – im Gegenteil. Gerade die Franzosen haben massiv investiert und zum Beispiel im piemontesischen Schmuckzentrum Valenza 2017 für die Marke Bulgari Europas größte Schmuckfertigung aufgebaut. Sie wird nun schon wieder erheblich erweitert. Außerdem hat LVMH zwei Ledermanufakturen erworben, um deren Know-how zu bewahren. Und Kering hat gerade mitten in Mailand eine neue Firmenzentrale mit 9.500 Quadratmetern eröffnet und beschäftig im Belpaese 13.500 Mitarbeiter. Die Modebranche, vor allem Bekleidung, Lederwaren/Schuhe und Schmuck, produziert zu 68% im Land selbst und verfügt über großes Know-how, leidet jedoch unter einem Mangel an qualifiziertem Personal, was zu einem immer größeren Problem wird.

Durchschnittlich drei Viertel der Produktion werden exportiert. Dazu kommen gerade in diesem Jahr viele Verkäufe an ausländische Touristen in den Boutiquen in Rom, Florenz oder Venedig.

Mediobanca erwartet eine Verlangsamung des Wachstums und womöglich eine sinkende Rentabilität der Unternehmen. Auch die Konsolidierung dürfte sich fortsetzen, denn die Herausforderungen der Branche sind groß, und die steigenden Zinsen erschweren die Finanzierung von Projekten, zumal der Großteil der Unternehmen in Familienhand und nicht börsennotiert ist. Neben dem fehlenden Fachpersonal – ein Problem auf das Unternehmen wie Brunello Cuccinelli oder Bulgari zunehmend mit der Schaffung eigener Ausbildungskapazitäten reagieren – stellt sich häufig auch die Nachfolgefrage.

Nachfolgeprobleme

Diego Della Valle (69), Chairman und Gründer des börsennotierten Schuhherstellers Tods, zu dem auch die Marken Hogan und Fay gehören, hat während der Corona-Pandemie 10% des Unternehmens an LVMH abgegeben – wohl die Vorstufe zu einem späteren Verkauf. Und schon seit Jahren wird über die Zukunft von Giorgio Armani spekuliert. Deren Chef und Eigner Giorgio Armani ist „stolz, meine Unabhängigkeit erhalten zu haben und gleichzeitig Stabilität sichergestellt zu haben“. Doch Armani ist 89.

Gerüchten zufolge ist die Beteiligungsholding Exor der Familien Agnelli-Elkann, die bereits die Mehrheit am chinesischen Modekonzern Shang Xia und 24% am französischen Schuhhersteller Christian Louboutin hält, interessiert. Exor hat erklärt, außer im Gesundheits- auch im Modesektor wachsen zu wollen.

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