LeitartikelAktienmarkt

Kontrastprogramm am IPO-Markt

Das Zinsnarrativ am Aktienmarkt hat sich abgenutzt. Für Börsenneulinge zählt die fundamentale Basis der eigenen Story – und eine akzeptable Bewertung

Kontrastprogramm am IPO-Markt

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Kontrastprogramm am IPO-Markt

Von Heidi Rohde

Das Zinsnarrativ am Aktienmarkt hat sich abgenutzt. Für Börsenneulinge zählt die fundamentale Basis der eigenen Story – und eine akzeptable Bewertung.

Ein IPO-Debakel wie das von Douglas vor dem Hintergrund einer seit Monaten ungebremsten rasanten Hausse des Aktienmarktes gibt es auch hierzulande zum Glück nicht alle Tage. Die am unteren Ende der Bookbuildingspanne platzierte Aktie des Parfümeriekonzerns ist nicht nur am Tag der Erstnotiz prozentual zweistellig eingebrochen, sondern sackte auch trotz Beistands durch ein hochkarätig besetztes Emissionskonsortium zunächst weiter ab. Der verpatzte Start wird damit zum Menetekel für andere, die hierzulande in den Startlöchern stehen, wie die Fernbusplattform Flix oder der Tankkartenanbieter DKB Mobility.

Zwei Shootingstars

Auch wenn es auf den ersten Blick wenig tröstlich scheint, lohnt dennoch ein Blick auf das Kontrastprogramm, das derzeit bei Börsenneulingen an anderen Finanzplätzen geboten wird. So ist in der Schweiz das bisher größte europäische IPO des Jahres reibungslos über die Bühne gegangen. Die Galderma-Titel notieren schon fast ein Viertel über dem Ausgabepreis. Derweil können Nasdaq und New York Stock Exchange binnen kurzer Zeit mit zwei Shootingstars unter den Börsen-Newcomern aufwarten: die Chipfirma Astera Labs, die sogar oberhalb der bereits nach oben korrigierten Spanne platziert wurde und trotzdem am ersten Handelstag fast drei Viertel zulegen konnte; und dann die Social-Media-Plattform Reddit, die ebenfalls einen Raketenstart erwischte.

Letzteres erscheint umso bemerkenswerter, als dem jungen Unternehmen seine roten Zahlen von Investoren offenbar in keiner Weise angekreidet werden – ein Aufbruchssignal für das von der zurückliegenden scharfen Zinswende gebeutelte Technologiesegment. Zugleich mehren sich indes die Zeichen, dass das Zinsnarrativ am Aktienmarkt zumindest keine tragende Rolle mehr spielt. Denn gerade weil die Rekordjagd an den globalen Börsen schon seit Monaten von der Hoffnung auf baldige Zinssenkungen der Notenbanken genährt wird, nutzt sich dieser Impuls aus Sicht vieler Marktteilnehmer zunehmend ab. Dies zumal ein verlässliches Muster geplanter Zinsschritte bisher noch nicht erkennbar wird, allenfalls ein Start im Sommer.

Wachstumsstory entscheidet

Die Investoren konzentrieren sich daher verstärkt auf Fundamentaldaten wie die Gewinnentwicklung oder auch wieder auf – plausible – Wachstumschancen der Unternehmen. Durch diese Brille betrachtet, wird der warme Empfang für Galderma ebenso verständlich wie die kalte Dusche für Douglas. Denn das auf Europa fokussierte Geschäft eines Händlers von Kosmetikartikeln hat in einem konjunkturell schwachen Umfeld keine berauschenden Wachstumschancen. Galderma ist dagegen Hersteller nicht nur von Hautpflegeprodukten, sondern auch von Arzneimitteln gegen verschiedene Hautkrankheiten, für die eine deutlich wachsende Nachfrage vorhergesagt wird. Auch die junge US-Chipfirma Astera Labs, die eine Palette verschiedener Halbleiter herstellt, überzeugt bei Investoren dank des Booms bei Anwendungen mit künstlicher Intelligenz mit exzellenten Perspektiven.

Begehrlichkeiten befeuern Bewertung

Aus diesem Grund dürfte an den Märkten trotz eines holprigen Jahresstarts für Unternehmen mit einer intakten Wachstumsentwicklung und belastbarem Geschäftsmodell der Boden bereitet sein – auch am deutschen Finanzplatz, wo eine Investorenklientel, die bereit ist, Risiken mitzutragen, noch immer nur in Ansätzen vorhanden ist. Nach dem abrupten Absturz des IPO-Klimas zu Jahresbeginn 2022, als mit Ukraine-Krieg und Zinswende gleich zwei nachhaltige Kaltfronten heraufgezogen waren, erwärmt sich das Publikum aber nur allmählich für Neulinge. Der Exit-Druck, der sich in der Zwischenzeit vor allem in den Portfolien von Private Equity aufgebaut hat, sowie die anhaltende Hausse an den Märkten erwecken indes bei der Bewertung mitunter Begehrlichkeiten, die sich hierzulande nur schwer durchsetzen lassen.

Deshalb hat das IPO von Douglas dem Finanzplatz wahrlich keinen Dienst erwiesen. Vorbörslich milliardenschwer bewertete Start-ups wie Flix oder Celonis könnten den Stimmungsdämpfer zum Anlass nehmen, für ihr eigenes Debüt doch noch das Weite zu suchen.