KommentarJapanische Geldpolitik

Heraus aus dem Korsett

Japans Notenbank flexibilisiert ihre Steuerung der Renditekurve und bereitet damit eine anstehende Straffung der Geldpolitik vor.

Heraus aus dem Korsett

Bank of Japan

Heraus aus dem Korsett

Von Martin Fritz

Wenn die Bank of Japan jetzt ihre umstrittene Steuerung der Renditekurve neu justiert, dann reagiert sie damit endlich auf die steigenden Preise und anziehenden Löhne, die doch das eigentliche Ziel ihrer ultralockeren Geldpolitik waren. Nach der Vertreibung der Deflation erlaubt Japans Zentralbank nun eine 10-jährige Rendite von bis zu 1%, bisher lag diese Obergrenze bei 0,5%. Auf diese Weise befreit sie sich aus ihrem starren monetären Korsett und kann künftig flexibler handeln. Denn auch wenn die Zinskurve am längeren Ende anzieht – insgesamt werden die Kapitalkosten in Japan vorerst niedrig bleiben.

Zwar sprang die Rendite von 10-jährigen Staatsanleihen (JGBs) nach oben, als die Ankündigung durchsickerte. Zum ersten Mal seit vier Monaten musste die Notenbank wieder 10-jährige JGBs über ihre Festzinsauktionen kaufen. Doch anders als im Dezember, als die Verdoppelung der Renditeobergrenze auf 0,55% von einem fast ebenso großen Renditeanstieg begleitet wurde, war diesmal bei nur 0,575% das Ende der Fahnenstange erreicht. Der neue Notenbankchef Kazuo Ueda scheint zuversichtlich zu sein, dass die 1,0% halten werden: Im Gegensatz zum Dezember, als sein Vorgänger Haruhiko Kuroda das breitere Toleranzband mit mehr Anleihekäufen begleitete, ließ Ueda den JGB-Kaufplan für August unverändert.

Die Justierung nach oben beendet im Prinzip die bisherige Steuerungspolitik, in der Folge wird der JGB-Bestand der Bank of Japan schrumpfen. Letztlich geht es Ueda darum, sich Zeit zu verschaffen bis zum wahren Lackmustest der bisherigen Nullzinspolitik. Denn erst wenn sich die Anzeichen für einen positiven Kreislauf zwischen Inflation und Löhnen mehren, wird es zur Straffung der Geldpolitik in Japan kommen. Ueda konstatiert zu Recht, dass es bei der Teuerung derzeit sowohl Abwärts- wie Aufwärtsrisiken gibt. Vor über 20 Jahren hatte er als damaliges Mitglied im Leitungsgremium der BoJ zu früh für eine Erhöhung des Leitzinses gestimmt. Diesen Fehler möchte der inzwischen 71-Jährige auf keinen Fall wiederholen.

Viele Japan-Ökonomen rechnen mit einer Verlangsamung der Teuerung in der zweiten Jahreshälfte, auch das Wirtschaftswachstum könnte abbremsen. Unter diesen Umständen wird die Zentralbank ihre geldpolitischen Zügel sicher nicht anziehen. Sollte die Inflation in der Kernrate jedoch deutlich über 2% bleiben, die Löhne im nächsten Frühjahr erneut steigen und der Konjunkturmotor weiter gut laufen, dann ist der erste positive Zinsschritt in Japan seit mehr als 15 Jahren sehr wahrscheinlich. Ebenso wie Ueda selbst müssen sich auch Anleger bis dahin in Geduld üben.

Bericht zur aktuellen japanischen Geldpolitik

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