Risiken

Und ewig mahnt die Aufsicht

Europas Großbanken haben Resilienz gegenüber einer Fülle an Herausforderungen bewiesen. Krisen häufen sich und fordern Banken wie Aufseher. Sie drohen dabei den Blick fürs Wesentliche zu verlieren.

Und ewig mahnt die Aufsicht

Europas Banken beweisen Widerstandskraft. Dass sie das Stakkato an Krisen, Kriegen und Hiobsbotschaften, die im vergangenen Jahr hereinbrachen, gut verkraftet haben, wie die EZB-Aufsicht ihnen zugutehält, ist bemerkenswert. Denn die Liste der Herausforderungen wird immer länger, verschiedenste Effekte drücken auf Bankenerträge und sorgen Risikomanager und Entscheider der Banken: Ukraine-Krieg, Energiekrise, Inflation, Regulierungskosten, Wettbewerbs- und Digitalisierungsdruck, Konjunkturschwäche, Klimakrise, Lieferkettenunterbrechungen sowie einbrechende Wertpapierbewertungen im Zuge der Zinswende, um einige der wohl größten Brocken zu nennen. Was Wunder, dass Christine Lagarde in ihrer Funktion als Chefin des europäischen Systemrisikorats jüngst von „Permakrise“ sprach.

Einer vergleichbaren Wortwahl bediente sich Europas oberster Bankenaufseher An­drea Enria nun nicht, als er die Ergebnisse der jährlichen Bankenprüfung, kurz SREP, verkündete, eine Art Zustandsbericht der europäischen Bankenlandschaft. Zwar seien manche Defizite, etwa in Governance und Risikomanagement, angesichts ausgeprägter Unsicherheit im Zusammenhang mit wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen besorgniserregend, hob er an, doch hätten sich die Schwergewichte der europäischen Hochfinanz alles in allem recht wacker geschlagen.

Das ist die gute Nachricht. Doch die schlechte folgt auf dem Fuße. Entwarnung ist allein wegen der anziehenden geopolitischen Spannungen, sei es das kriegerische Russland, sei es ein zunehmend aggressiv auftretendes China, nicht in Sicht. Und wird es nie sein. Ohne die Herausforderungen klein- oder schönreden zu wollen, denen sich die Finanzbranche ausgesetzt sieht: Irgendwas ist immer. Und Aufseher wären nicht Aufseher, würden sie nicht ihrer ureigensten Aufgabe nachkommen: dem Mahnen, Warnen und Hausaufgaben verteilen.

Was wichtig und richtig ist, mag Zielgruppe wie Publikum mitunter verwirren oder überfordern. Denn am Ende, so kommt es zumindest rüber, hat ungeachtet der alljährlich von europäischen wie nationalen Aufsehern verkündeten Schwerpunktsetzungen doch so ziemlich alles Priorität. Ein bunter Reigen an Topthemen ist die Folge. Allein schon deshalb, um sich nicht angreifbar zu machen, weshalb dies oder jenes nicht oder nicht in gebührendem Maße vorgebracht wurde. Die Aufseher, die im Großen und Ganzen einen guten Job machen, müssen aufpassen, sich nicht zu verzetteln und den Eindruck zu erwecken, sich in Beliebigkeit zu verlieren. Das droht den gegenteiligen als den beabsichtigten Effekt hervorzubringen.