KommentarUS-Regionalbanken

Dem Abgrund so nah

Die Probleme bei New York Community Bancorp zeigen, dass die Krise unter regionalen US-Finanzinstituten noch nicht vorbei ist. In den Immobilienkreditportfolios drohen neue Erschütterungen.

Dem Abgrund so nah

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Dem Abgrund
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Von Alex Wehnert

Die Probleme bei New York Community Bancorp sind weniger isoliert, als Branchen-vertreter behaupten.

Das jüngste Drama um New York Community Bancorp zeigt, dass die Krise regionaler US-Finanzinstitute auch elf Monate nach dem Kollaps der Silicon Valley Bank noch nicht vorbei ist. Das auf Long Island ansässige Geldhaus vermeldete für das Schlussquartal 2023 überraschend einen Verlust von 252 Mill. Dollar und strich die Dividende zusammen. Die Aktie radierte darauf binnen zweier Handelstage nahezu 45% ihres Werts aus – auch weitere Papiere mittelgroßer Banken standen unter Druck, der KBW Regional Banking Index sackte so stark ab wie seit der Krise im vergangenen Frühjahr nicht.

Höhere Rückstellungen nötig

New York Community kommt nach der Übernahme eines großen Teils der Assets der kollabierten Signature Bank auf eine Bilanzsumme von über 100 Mrd. Dollar und muss somit härtere Kapitalvorgaben erfüllen. Zugleich ziehen die Kreditausfälle an – insbesondere im Gewerbeimmobiliensegment fällt die Prognose düster aus, so dass die Bank mehr Mittel für die Risikovorsorge beiseitelegen muss. Die Probleme sind allerdings kein so isoliertes Phänomen, wie Branchenvertreter glauben machen wollen.

Schließlich müssen laut dem Datendienst Trepp bis Ende 2028 US-Gewerbeimmobilienkredite im Volumen von über 2,8 Bill. Dollar refinanziert werden – und dies zu höheren Zinsen. Den Regionalbanken stehen dabei noch negative Überraschungen bevor. Denn infolge der eingebrochenen Transaktionsaktivität hat sich die Bewertungsgrundlage vieler Büro- und Retail-Immobilien in den Portfolios verzerrt.

Negative Überraschungen

Zum Zeitpunkt der Refinanzierung dürfte dann klar werden, dass die Assets inzwischen weitaus weniger wert sind als bei vorherigen Einstufungen. Dies dürfte die Ablösung alter Kredite zusätzlich erschweren. Und selbst wenn die Marktteilnehmer einen überwiegenden Teil der Refinanzierungen stemmen, droht im Anschluss ein Anstieg der Defaults. Dafür – und für verschärfte Kapitalvorgaben infolge der US-Umsetzung des Bankenpakets Basel III – müssen insbesondere Institute mit einer Bilanzsumme ab 100 Mrd. Dollar verstärkt vorsorgen.

Zusätzliche Schwierigkeit dabei: Investoren sind weniger vergesslich, als Bankmanager gerne annehmen. Dass die Krise aus dem vergangenen Frühjahr noch frisch in den Köpfen ist, hat die panische Reaktion auf die Zahlen von New York Community gezeigt. Neue Verluste infolge höherer Rückstellungen drohen zudem neben den Aktionären auch die Einlagenkunden zu verunsichern, um die Regionalbanken mit höheren Depositenzinsen unter Belastungen für die Profitabilität werben. Der Abgrund ist noch näher als befürchtet.

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