London

Vielleicht ja doch ein Steakhaus?

Steakhäuser sind nicht mehr in Mode, wenn man mit Kunden essen gehen oder einen Deal einfädeln will. Das Beispiel Hawksmoor zeigt, dass sich ein Besuch immer noch lohnt.

Vielleicht ja doch ein Steakhaus?

Wo soll man hingehen, wenn man mit Kunden in der britischen Metropole essen gehen will? Es ist nicht mehr so einfach wie damals, als sich in der Finanzbranche Steakhäuser großer Beliebtheit erfreuten. Ein Besuch im Restaurant des Fernsehkochs Gordon Ramsay würde das vorgesehene Budget sprengen oder die Compliance-Abteilung auf den Plan rufen. Eine Einladung in eine preisgünstige Côte Brasserie könnte dagegen als Affront empfunden werden. Es gäbe großartige chinesische und indische Restaurants, aber das ist vielen zu exotisch. Vielleicht ja doch ein Steakhaus?

Die Gründer von Hawksmoor, Will Beckett und Huw Gott, gingen 2006 in Spitalfields mit dem Anspruch an den Start, die besten Steaks in Großbritannien aufzutischen. Sie hatten die Welt bereist – vom japanischen Kobe über die argentinische Pampa und Texas – und waren zu dem Schluss gekommen, dass britische Rinder das beste Fleisch liefern würden, vorausgesetzt Qualität und Tierwohl stehen bei der Aufzucht im Fokus. Hawksmoor zog schon bald die Aufmerksamkeit von Fleischliebhabern aus der City auf sich, die Dealmaker folgten und 2013 stieg der Finanzinvestor Graphite Capital ein, der auch schon Wagamama im Portfolio hatte.

Der Qualität tat das keinen Abbruch. Doch aus vier Niederlassungen wurden mehr als doppelt so viele. Das Dekor ist klassisch, die Atmosphäre entspannt. Im Herbst 2021 eröffnete eine Filiale auf der New Yorker Park Avenue. Im Ranking der 101 besten Steakrestaurants der Welt von Upper Cut erreichte Hawksmoor 2022 das dritte Mal in Folge Platz eins. Das Unternehmen arbeitet mit kleinen Betrieben im ganzen Land zusammen, die ihr Vieh nach den von der Restaurantkette festgelegten Richtlinien für die Lebensqualität der Tiere aufziehen. Dazu gehört eine natürliche Diät aus Gras und Heu. Ihr Fleisch wird 35 Tage abgehängt, wodurch es zwar an Gewicht verliert, aber an Geschmack und Zartheit gewinnt. Der Holzkohlegrill erledigt den Rest.

Hawksmoor erhielt im September vergangenen Jahres als eine der ersten Restaurantketten den Status einer B Corporation (B Corp) verliehen. Dabei handelt es sich um eine Zertifizierung, die belegen soll, dass ein Unternehmen nicht nur seinen Anteilseignern Nutzen bringen, sondern auch positiv für Stakeholder wie Kunden, Mitarbeiter, seinen Standort und den Planeten insgesamt wirken will. Dazu gehört die Verpflichtung, ständig besser zu werden, die allen B Corps auferlegt, sich alle drei Jahre neu um die Zertifizierung zu bewerben. Das Unternehmen beansprucht zudem Klimaneutralität für sich. Man gleiche alle Treibhausgasemissionen durch Zertifikate aus Projekten wie Biogas in Kenia oder Wiederaufforstung in Nicaragua aus, heißt es auf der Website. Seit mehr als einem Jahrzehnt schafft es die Kette jedes Jahr in die Liste der besten Arbeitgeber von Best Companies. Man braucht also kein schlechtes Gewissen zu haben. Das wichtigste aber ist der Geschmack.

Wer sich für relativ kleines Geld davon überzeugen will, kann das zur Mittagszeit und am späten Nachmittag tun. Dann gibt es ein dreigängiges Expressmenü für 30 Pfund, das ein paar Highlights der Speisekarte wie das „Peanut Butter Shortbread“ enthält. Es gibt nicht nur Rind, sondern auch Fisch und Meeresfrüchte. Dafür hat sich Hawksmoor mit Mitch Tonks, dem Eigentümer des Restaurants The Seahorse in Dartmouth, zusammengetan. Sein Freund Nigel kauft täglich auf dem Fischmarkt von Brixham für die Kette ein – keine Mittelsmänner, keine Lagerhäuser, lautet das Versprechen. Billig ist auch das nicht, aber besser als vieles, was einem sonst vorgesetzt wird. Auch die vegetarischen Gerichte können sich sehen lassen. Und nach ein oder zwei Bloody Marys klappt es auch mit den Kunden.

Ach ja, kann sich der Gast für indisches Essen begeistern, gibt es mit Chai-ki und Di­shoom zwei interessante Optionen. Wenn es etwas mehr kosten darf, lohnt ein Besuch im Trishna in Marylebone, das über einen Michelin-Stern verfügt. Seine Einrichtung geht auf spielerische Weise mit den Klischees um, die man mit indischen Restaurants verbindet. Und wer hätte gedacht, dass man Gerichte aus Südasien gut mit österreichischen Weinen kombinieren kann?