Kupferkonzern

Aurubis-Chef Harings muss Schwachstellen beseitigen

Aurubis-Chef Roland Harings muss sich gerade viel mit Aufklärung befassen und Schwachstellen in seinem Unternehmen beseitigen. Dem Multimetallanbieter bescheinigt er sehr gute Perspektiven.

Aurubis-Chef Harings muss Schwachstellen beseitigen

Für den Aurubis-Chef geht es gerade viel um Aufklärung

Von Carsten Steevens, Hamburg

Dass sich Roland Harings knapp drei Wochen nach Ablauf des Geschäftsjahres 2022/23 von Aurubis bei einem Auftritt im Club Hamburger Wirtschaftsjournalisten am Dienstagabend rund anderthalb Monate vor der Bilanzvorlage am 6. Dezember dezidiert zu den Ergebnissen äußern würde, war nicht zu erwarten. Gleichwohl gab der Vorstandsvorsitzende des Multimetallkonzerns aber einen Einblick in die Stimmungslage. Diese erhielt nach dem operativen Vorsteuerrekordergebnis von 532 Mill. Euro im vorangegangenen Turnus gleich mehrere Dämpfer.

Schwerer Unfall und Betrug

Etwa durch eine Cyberattacke im vorigen Herbst, die man, so Harings, mit nur minimalen Produktionseinbußen und sonstigen Kosten "sehr gut gemeistert" habe. Für eine "schockierende Situation" habe ein schwerer Arbeitsunfall am 11. Mai auf dem Hamburger Werksgelände gesorgt, bei dem drei Mitarbeiter ihr Leben verloren. Man setze alles daran, unterstreicht der Aurubis-Chef, dass sich ein solcher Unfall nicht wiederhole.

Und schließlich verweist Harings auf Diebstahls- und Betrugsfälle, die Ende August dazu führten, dass das Unternehmen seinen Ergebnisausblick für 2022/23 kassieren musste. Bei einer Inventur der Metallbestände wurde ein Fehlbestand bei Edelmetallen festgestellt, der das operative Vorsteuerergebnis des gerade abgelaufenen Geschäftsjahres mit 185 Mill. Euro belasten soll. Anstatt eines zuvor prognostierten Gewinns zwischen 450 und 550 Mill. Euro stellt Aurubis nur noch 310 bis 350 Mill. Euro in Aussicht.

Harings lässt offen, wie es zu diesen bislang einmaligen Vorfällen kommen konnte und wer dahintersteckt. Die Untersuchung der Schwachstellen, für die sich Aurubis die Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY ins Haus geholt hat, sowie Ermittlungen des Landeskriminalamts dauerten an. Man komme aber gut voran. "Wir sind deutlich weiter, als wir vor sechs Wochen waren. Wir haben viele Erkenntnisse gewonnen." Die Rede ist von mutmaßlich organisierter Kriminalität unter Mitwirkung einzelner Beschäftigter des Konzerns, der weltweit insgesamt auf rund 7.000 Mitarbeiter kommt, davon rund 2.500 am Standort Hamburg.

Vorstand verantwortlich?

Ob es eine politische oder direkte Verantwortung im Vorstand für den Arbeitsunfall sowie für die Diebstahls- und Betrugsfälle geben könnte? Ja, sagt Harings. Deshalb sei eine Anwaltskanzlei (Hengeler Mueller) engagiert worden, die prüfe, ob es Versäumnisse im Management gab. Es werde "noch einige Zeit" dauern, bis Ergebnisse vorliegen. Er stehe dafür, "dass wir das jetzt aufklären und lösen".

Über die Perspektiven von Aurubis äußert sich der 60 Jahre alte Maschinenbau-Ingenieur, der im Juli 2019 an die Konzernspitze kam und dessen Vertrag der Aufsichtsrat vor gut zwei Jahren bis zum 30. Juni 2027 verlängerte, auch. Der größte Kupferproduzent in Europa sei profitabel, finanziell kerngesund und auf Wachstumskurs. Man sei dabei, im Rahmen der vor zwei Jahren verkündeten Strategie aktuell acht Wachstumsprojekte mit einem Investitionsvolumen von insgesamt 1,2 Mrd. Euro umzusetzen. Das größte davon ist der Aufbau einer Multimetall-Recyclinganlage in Richmond im US-Bundesstaat Georgia.

Bekenntnis zu Hamburg

Harings erklärt, die Investitionsentscheidung stehe nicht im Zusammenhang mit dem Inflation Reduction Act. Investitionen, die sich nur aufgrund von Subventionen langfristig rechneten, seien "gefährlich". Der Aurubis-Chef hebt industriefreundliche Randbedingungen in den USA mit Blick auf die Kreislaufwirtschaft hervor. Zugleich bekennt er sich aber zu Investitionen in Europa, gerade am Standort Hamburg. Hier stehe im Mai 2024 der bislang größte Wartungsstillstand an, bei dem über zwei Monate hinweg Hüttenanlagen verbunden mit Investitionen von 90 Mill. Euro erneuert würden. Zudem werde man rund 100 Mill. Euro investieren, um eine Versorgung von rund 20.000 Haushalten in der Stadt mit Industriewärme zu ermöglichen. Damit könnten verglichen mit der heutigen Energieversorgung 100.000 Tonnen CO2 eingespart werden.

Ob Aurubis in Hamburg eine Batterierecycling-Anlage ansiedeln wird, lässt Harings mit Verweis auf den erwarteten scharfen Wettbewerb in der Batterie-Wertschöpfungskette und auf das Kriterium Strompreis offen. Derzeit würden neun Standorte in Europa geprüft. Eine Entscheidung sei Ende 2024 oder Anfang 2025 zu erwarten.