Nach einer Reihe von Kriminalfällen

Aurubis trennt sich von drei ihrer vier Vorstandsmitglieder

Aurubis zieht personelle Konsequenzen aus schwerwiegenden Kriminalfällen und Werksunfällen und trennt sich von drei seiner vier Vorstandsmitglieder. Kontinuität bei der Umsetzung wichtiger Projekte sei gesichert, betont der Konzern.

Aurubis trennt sich von drei ihrer vier Vorstandsmitglieder

Aurubis trennt sich von drei ihrer vier Vorstandsmitglieder

ste Hamburg

Der Multimetallanbieter Aurubis trennt sich von drei seiner vier Vorstandsmitglieder. Wie das von Metalldiebstahls- und Metallbetrugsfällen betroffene MDax-Unternehmen nach einer Aufsichtsratssitzung am Dienstag mitteilte, scheiden Vorstandschef Roland Harings, Finanzvorstand Rainer Verhoeven sowie Heiko Arnold, als Produktionsvorstand für das Segment Custom Smelting & Products zuständig, vor Ablauf ihrer Vorstandsverträge aus. Der Aurubis-Aufsichtsrat zieht damit personelle Konsequenzen aus den Kriminalfällen, die im Ende September abgelaufenen Geschäftsjahr 2022/23 zu einem Metallfehlbestand von 169 Mill. Euro und zu einer Ergebnisbelastung führten, sowie aus Werksunfällen mit drei Todesopfern.

Gestaffeltes Ausscheiden

Das Hamburger Unternehmen hatte nach Medienberichten am Montag bereits vorab darüber informiert, dass es weit fortgeschrittene Gespräche über die Beendigung der Tätigkeit der Vorstandsmitglieder gebe. Bestätigt wurde nun, dass der bis Mitte August 2028 bestellte Produktionsvorstand Arnold (57) das Unternehmen zum 29. Februar verlässt, der bis Ende 2025 bestellte Finanzchef Verhoeven (55) zum 30. Juni. Der seit Juli 2019 amtierende Vorstandsvorsitzende Harings (60), dessen Vertrag der Aufsichtsrat im September 2021 bis zum 30. Juni 2027 verlängerte, wird seinen Posten zum Ende des laufenden Geschäftsjahres am 30. September aufgeben.

Mit diesem gestaffelten Ausscheiden werde „Kontinuität in der Verfolgung der strategischen Wachstumsinitiativen gewährleistet“, unterstrich Aurubis am Dienstag. Derzeit sind rund 1,7 Mrd. Euro an Investitionen in strategische Projekte genehmigt, davon etwa 740 Mill. Euro für das Wachstumsprojekt rund um das im Bau befindliche Metallrecyclingwerk Richmond im US-Bundesstaat Georgia.

Übergangslösung

Wie bereits am Montag avisiert, wird im Vorstand nur Inge Hofkens, seit Anfang 2023 als Produktionsvorstand für die Recyclingsparte einschließlich des US-Geschäfts zuständig, ihren Posten behalten. Die 53-jährige Belgierin soll zudem die Gesamtverantwortung für den Bereich Commercial, den Rohstoffeinkauf, übernehmen – eine Aufgabe, die sie sich bislang mit Arnold teilte. Vom 1. März bis 30. September soll ferner der ehemalige BASF-Manager Markus Kramer aus dem Aufsichtsrat in den Vorstand entsandt werden.

Der 59-Jährige, der dem Kontrollgremium seit Februar 2023 angehört, soll wesentliche Aufgaben von Arnold, die Rolle eines Chief Transformation Officer und Gesamtverantwortung für den Personalbereich sowie die Rolle des Arbeitsdirektors übernehmen. Kramer werde sich um die Umsetzung bereits eingeleiteter Maßnahmen zur Stärkung der Werks-, Unternehmens- und Arbeitssicherheit sowie um die „Weiterentwicklung einer entsprechenden Sicherheitskultur“ kümmern. Für eine dauerhafte Besetzung der Vorstandspositionen beauftragte der Aufsichtsrat bereits einen Personalberater, wie der Konzern weiter bekannt gab.

„Gegenseitiges Einvernehmen“

Von Harings, Verhoeven und Arnold trennt sich Aurubis den Angaben zufolge „im gegenseitigen Einvernehmen“. Auf Basis eines Rechtsgutachtens der Kanzlei Hengeler Mueller zur Verantwortung der Vorstandsmitglieder habe der Aufsichtsrat ferner beschlossen, nach aktuellem Stand keine Ersatzansprüche gegen diese geltend zu machen. „Roland Harings, Rainer Verhoeven und Dr. Heiko Arnold zeigen mit der Entscheidung hohes Verantwortungsbewusstsein“, so Aufsichtsratschef Fritz Vahrenholt, der den Vorstandsmitgliedern für Einsatz und Engagement „herzlich“ dankte. Harings habe Aurubis mit seinem Vorstandsteam „strategisch weiterentwickelt und unter anderem das Tor zu einer starken Zukunft im amerikanischen Wachstumsmarkt aufgestoßen“.

Vahrenholt betonte weiter, die Wachstumsinitiativen des Unternehmens würden „unverändert und energisch weiter vorangetrieben“. Zudem werde es keine Abstriche bei den wirtschaftlichen Ambitionen für das laufende Geschäftsjahr geben. Die mit knapp 30% an Aurubis beteiligte Salzgitter AG erklärte, als Ankeraktionär begrüße man die Aufsichtsratsentscheidung bei Aurubis. Die strategische Ausrichtung werde weiterhin voll und ganz unterstützt. Jetzt, so der Stahlkonzern, komme es „darauf an, dass sich Aurubis so schnell wie möglich wieder voll auf das Geschäft konzentrieren kann“.

Aktie legt zu

Die Aurubis-Aktie, die am Vortag um 4% nachgegeben hatte, legte am Dienstag um 2% auf 65,00 Euro zu. Die LBBW stufte ihre Anlageempfehlung für das Papier bei einem um 10 auf 70 Euro gesenkten Kursziel von „kaufen“ auf „halten“ zurück. Der Vorstandsumbau lasse Raum für Spekulationen über weitere negative Nachrichten und komme mit Blick auf die Wachstumspläne des Konzerns zur Unzeit. Die Baader Bank, die bei einem Kursziel von 110 Euro unverändert zum Kauf der Aurubis-Aktie rät, schrieb, nach einem schwierigen Jahr werde 2024 für Aurubis ein weiteres Jahr, in dem sich das Management nicht allein auf das operative Geschäft und die beste Umsetzung der Wachstumsprojekte fokussieren könne. Dies limitiere in Verbindung mit dem aktuell schwachen konjunkturellen Umfeld eine positive Kursentwicklung.