Führungswechsel

Der neue CEO von Linde ist schon lange dabei

Der Kronprinz wird wie erwartet neuer Vorstandsvorsitzender von Linde: Sanjiv Lamba folgt am 1. März auf Steve Angel. Angel übernimmt von Wolfgang Reitzle den Posten des Verwaltungsratschefs.

Der neue CEO von Linde ist schon lange dabei

Sanjiv Lamba hat sich gut auf seine neue Aufgabe vorbereiten können. Seit Anfang 2021 ist der 57 Jahre alte Manager als Chief Operating Officer (COO) für so gut wie alles von Linde zuständig – abgesehen von den Finanzen: für die Regionen Amerika, Europa und Asien, den Anlagenbau, das Medizingasegeschäft von Lincare in den USA und einige globale Funktionen.

Dass Lambas Position in der Führung des amerikanisch-deutschen Industriegasekonzerns so stark aufgewertet wird, gab Linde vor fast genau einem Jahr bekannt. Seitdem war klar, dass der zuvor und schon in der Linde AG für das Asien-Geschäft zuständige Lamba Nachfolger von Chief Executive Officer (CEO) Steve Angel (66) werden soll – wenn nichts Außergewöhnliches geschieht. Nun steht es fest: Am 1. März kommt es zu dem Wechsel. Und Angel übernimmt dann wie erwartet von Wolfgang Reitzle (72) den Posten des Vorsitzenden des Verwaltungsrats.

Neu im Verwaltungsrat wird schon vom 1. November an Joe Kaeser (64) sein. Der ehemalige Vorstandschef von Siemens sammelt damit ein weiteres Mandat – zusätzlich zum Aufsichtsratsvorsitz von Siemens Energy und bald auch der vom Daimler-Konzern abgespaltenen Truck AG. Zudem ist Kaeser stellvertretender Verwaltungsratschef des niederländischen Halbleiterherstellers NXP. Der zweite Neuzugang im Linde-Verwaltungsrat ist der gebürtige Brasilianer Alberto Weisser (66), der auch im Aufsichtsrat von Bayer sitzt.

Der künftige CEO Lamba kündigte an, er freue sich darauf, mit dem Linde-Team die Hochleistungskultur voranzutreiben. Angel wird mit den Worten zitiert: „Als Chairman freue ich mich auf die Zusammenarbeit mit Sanjiv, um Lindes Ruf für Spitzenleistungen weiter zu stärken.“ Lamba hat sich offensichtlich nahtlos in das von der US-Seite geprägte System eingefügt, Effizienz und Rendite immer weiter zu steigern.

Alles ständig verbessern

Lambas Devise für die Ziele des Konzerns lautet: „Wir müssen morgen besser sein als heute.“ Dazu gehört für ihn, ständig daran zu arbeiten, alle Prozesse im Unternehmen bis zur Ausführung im Management zu verbessern und immer die Kosten im Blick zu behalten. Auf drei Themen will er besonders achten: das Wachstum des Unternehmens, die Vorteile des Digitalen im gesamten Konzern zu nutzen und auf das Ziel Dekarbonisierung. „Linde hat einzigartige Fähigkeiten, Erfahrungen und das Wissen, um die Welt produktiver und nachhaltiger zu machen“, sagt Lamba. Nachhaltigkeit auf der einen Seite sowie Sicherheit und Compliance auf der anderen sind aus seiner Sicht die Stützen für seine Prioritäten: profitables Wachstum, Steigerung der Margen, das Erzielen von Cash, um die Erwartungen der Investoren zu erfüllen, und für neue Investitionen.

Lamba hat schon eine lange Karriere in der Branche hinter sich und in mehr als 30 Jahren Erfahrungen gesammelt. 1989 hatte der in Kalkutta geborene ausgebildete Wirtschaftsprüfer seine Laufbahn in der indischen Tochtergesellschaft des britischen Industriegaseunternehmens BOC begonnen. Von 2001 an leitete er das Geschäft in Indien. 2006 übernahm die Linde AG BOC. Lamba erlebte die Integration der Akquisition mit, die ihm auch für die Fusion von Linde und Praxair zugutekam. 2011 wurde Lamba in den Vorstand der Linde AG berufen. Mit Sitz in Singapur war er für das Gasegeschäft in Asien verantwortlich und behielt diese Aufgabe nach dem Zusammenschluss mit Praxair und bis zu seiner Berufung zum COO.

Als Frühaufsteher gefragt

Der Umzug nach Danbury, dem Sitz des Vorgängerunternehmens Praxair im Bundesstaat Connecticut, forderte von Lamba, seinen Tagesrhythmus komplett umzustellen. In der Zeitzone Asiens konnte er seiner Vorliebe gemäß später aufstehen. In den USA fängt der Arbeitstag für ihn nun sehr früh an: Ins Büro kommt er zwischen 6:00 und 6:30 Uhr. Aber dafür könne er dann auch abends um halb sieben den Schreibtisch verlassen, sagt er mit einem Schmunzeln.

Die Veränderungen in der Führungsspitze kommentiert Reitzle mit den Worten: „Linde könnte nicht in besseren Händen sein.“ Er zieht sich nach fast 20 Jahren im Unternehmen von Linde zurück. Von 2003 bis 2014 war er Vorstandschef der Linde AG, 2016 wurde er Aufsichtsratsvorsitzender, seit 2018 ist er Chairman der aus der Fusion mit Praxair entstandenen Linde plc.