Aufspaltung

Die Wünsche des John Slattery

Der Chef von GE Aviation backt nicht gerne kleine Brötchen, der Umbau der Industrie-Ikone könnte ihn ganz nach oben katapultieren.

Die Wünsche des John Slattery

Von Lisa Schmelzer, Frankfurt

Wenn sich John Slattery etwas hätte wünschen dürfen, dann vermutlich das, was demnächst passieren wird: General Electric wird Geschäftsfelder abspalten und künftig ein spezialisierter Luftfahrt- und Rüstungskonzern sein. Und diesem könnte der 52-Jährige dann vorstehen, leitet er doch seit 1. September 2020 bei der amerikanischen Industrie-Ikone das Luftfahrtgeschäft (GE Aviation), aus dem GE nach dem Abschied von der Healtcare- und der Energie-Sparte künftig bestehen soll. Offiziell verkündet ist noch nichts, aber wer den Werdegang von Slattery verfolgt hat, weiß, dass das der Plan sein dürfte, sein Plan. Zumal dem aktuellen GE-CEO Lawrence Culp keinerlei Berührungspunkte zur Luftfahrtbranche nachgesagt werden.

Kleine Brötchen backen ist die Sache des gebürtigen Iren Slattery nicht. Trotzdem war er ziemlich lange mit eher kleinen Flugzeugen beschäftigt. Vor dem Wechsel zu GE im vergangenen Jahr war er viele Jahre beim brasilianischen Flugzeughersteller Embraer und hatte dort zuletzt das Zivilluftfahrtgeschäft geführt.

Nach dem gescheiterten Verkauf dieser Sparte an den US-Luftfahrtkonzern Boeing hatte Slattery Embraer den Rücken gekehrt. Der Wechsel war nicht überraschend gekommen, sollte der ehrgeizige Manager doch Chef des neuen Gemeinschaftsunternehmens von Boeing und Embraer werden. „Für mich wäre das die perfekte Hochzeit gewesen, weil es keine Überschneidungen bei den Produkten gab, und ich hoffte, dass beide Firmenkulturen gut zusammengepasst hätten“, hatte Slattery nach dem Scheitern des Deals im April 2020 gesagt.

Zu GE Aviation stieß Slattery, dessen Bruder Dómhnal die Flugzeugleasingfirma Avolon führt, in einer für die gesamte Luftfahrtbranche äußerst schwierigen Zeit. Viele Fluggesellschaften sind in finanziellen Nöten und nehmen kaum noch neue Flugzeuge ab. GE ist ein wichtiger Zulieferer von Boeing, der Flugzeugbauer steckte schon vor der Corona-Pandemie tief in der Krise.

Slattery erzählte einmal, die Faszination für das Thema Fliegen habe ihn und seinen Bruder am irischen Flughafen Shannon gepackt. Dorthin begleiteten die Slatterys regelmäßig ihren Vater, den Inhaber eines Gärtnereibetriebs, der den Flughafen zu seiner Kundschaft zählte. „Du konntest das Kerosin riechen, und die Flugzeuge standen vor dir. Es gab die Passagiere, die mit riesigen Jumbojets von Pan Am kamen, und es war einfach nur aufregend. Diese Faszination habe ich nie vergessen, und es war immer mein Wunsch, in der Luftfahrt arbeiten zu können.“

Die nette Geschichte von den Slattery-Kindern und ihren Ausflügen zum Flughafen darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass Faszination fürs Fliegen allein den Erfolg der Brüder nicht erklärt. John und Dómhnal Slattery werden von denen, die sie näher kennen, als knallharte Geschäftsleute mit viel Biss und wenig Geduld beschrieben. Auch der familieninterne Wettbewerb zwischen den beiden Brüdern dürfte ihren Ehrgeiz angestachelt haben. Sie beschwören ihre Verbundenheit mit der irischen Heimat, die Insel ist ihnen aber schon vor langer Zeit viel zu eng geworden.

Nachdem sich die Flugzeuge nun wieder langsam füllen, wollen auch die großen Hersteller Boeing und Airbus wieder mehr produzieren. Das sorgt nicht bei allen Zulieferern für helle Freude, da sie fürchten, mit dem geplanten Hochlauf vielleicht nicht Schritt halten zu können. GE Aviation, zumal mit dem streitbaren Slattery an der Spitze, dürfte da kein einfacher Verhandlungspartner sein. Wenn er sich noch was wünschen dürfte, dann das: GE gibt mit der Produktion von Triebwerken den Takt vor, und Boeing entwirft das dazu passende Flugzeug in der gewünschten Menge, nicht wie heute umgekehrt.

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