Restrukturierungsexperte

Ein Gebirgsmensch will Varta sanieren

Die Sanierung des angeschlagenen Batterieherstellers Varta ist eine Herkulesaufgabe. Vorstandssprecher Markus Hackstein, der sich als Gebirgsmensch bezeichnet, sieht sich dafür gerüstet.

Ein Gebirgsmensch will Varta sanieren

Ein Gebirgsmensch will Varta sanieren

hek Frankfurt

Wenige Wochen nach seinem Aufstieg zum Varta-Vorstandssprecher im Herbst 2022 verkündete Markus Hackstein ein „Aktionspaket zur Kostensenkung“. Der Batteriehersteller hatte viel zu viel Geld in neue Fertigungsanlagen investiert, die dann nicht ausgelastet waren. Außerdem machten die Verteuerung von Energie und Rohstoffen, der Halbleitermangel, die schlechte Konsumstimmung und das Wegbrechen des Absatzbooms der Lithium-Ionen-Knopfzellen dem Konzern aus Schwaben zu schaffen. Das Paket sah „temporäre Kapazitätsanpassungen“ in der Produktion und „Maßnahmen im Personalbereich“ vor. Außerdem legte Varta den Bau einer neuen Fabrik für E-Auto-Batterien auf Eis. Diese Batterie galt als das große Zukunftsversprechen, doch Autohersteller halten sich noch immer mit Abnahmeverträgen zurück. Damit steht die Tragfähigkeit des Projekts in Frage.

Sanierungsregime

Obwohl Hackstein von Vollgas auf Vollbremsung umschaltete, wurde bald klar: Das Aktionspaket reicht nicht. Varta steckte in einer bedrohlichen Lage. Hackstein setzte ein scharfes Sparprogramm auf, inklusive Streichung von 800 Vollzeitstellen oder fast jedem fünften Arbeitsplatz. Großaktionär Montana Tech Components, die Beteiligungsholding des Investors Michael Tojner, schoss knapp 51 Mill. Euro über eine Kapitalerhöhung ein. Erst dann verlängerten die Banken im April 2023 die Fremdfinanzierung bis Ende 2026, allerdings zu deutlich schlechteren Konditionen. Zudem stellten sie den Varta-Managern mit Michael Giesswein einen Chief Restructuring Officer zur Seite. Seither agieren Hackstein und seine Mitstreiter unter dem Sanierungsregime, das wenig Spielraum lässt. Die Finanzierungskosten schießen in die Höhe und die Konsortiallinie ist laut CFO Marc Hundsdorf ausgeschöpft, während sich das einst so ertragreiche Geschäft mit den Coin-Power-Zellen für kabellose Kopfhörer, das im ersten Halbjahr 2023 nahezu zum Erliegen gekommen war, nur allmählich stabilisiert. Hackstein kann froh sein, dass wenigstens die anderen Geschäftsbereiche keinen großen Kummer machen. Allen voran floriert der Verkauf von Energiespeichersystemen, und auch das Standardgeschäft mit Haushaltsbatterien, vom Umsatz her das größte Segment, stützt den krisengeplagten Konzern.

Restrukturierungsberater

Die notwendige Beharrlichkeit für seinen Sanierungsjob scheint der im Jahr 1975 geborene Hackstein mitzubringen: „Ich bin ein Gebirgsmensch, denen man eine gewisse Zähigkeit nachsagt, und Ausdauersportler. Das hilft mir, denn Varta muss sich durchbeißen“, sagte er gegenüber dem „Handelsblatt“.

Varta-Vorstandssprecher Markus Hackstein Foto: Varta

Der Betriebswirt kommt aus Zell am See in Österreich. Viele Jahre arbeitete er als Management- und Restrukturierungsberater, bevor er 2016 zu Montana Tech wechselte. Bei Varta ist er seit 2018 an Bord. Unter anderem baute er den Produktionsstandort im rumänischen Braşov auf. Im August 2022 stieg der promovierte Manager in den Vorstand auf mit Verantwortung für die Systemintegration von Batterien im Bereich E-Mobilität und Energiespeicher. Mit der Ablösung von CEO Herbert Schein Ende September 2022 wurde er Vorstandssprecher.

"Herausfordernde Zeit"

Den Hauptaktionär und Aufsichtsratschef Tojner kennt Hackstein gut, schließlich war er bei dessen Holding Montana Tech für Spezialprojekte verantwortlich. Tojner, ein österreichischer Selfmade-Unternehmer, ist umstritten, weil er sich mit Betrugs- und Korruptionsvorwürfen auseinandersetzen musste. Auch frühere Aktienverkäufe und die Pachten, die Varta zu zahlen hat, sorgen für Diskussionen. Wobei Hackstein betont, dass die Mieten marktgerecht seien. Und Montana Tech hält mit 50,1% nach wie vor die Mehrheit der Varta-Aktien.

„Hinter uns liegt eine herausfordernde Zeit, und wir haben noch viel Arbeit vor uns”, bilanzierte Hackstein vor einem halben Jahr. Das dürfte heute noch gelten. Jetzt müssen sich Hackstein und seine IT-Experten auch noch mit einem Cyberangriff herumschlagen. Wie es aktuell genau um Varta steht, wissen Außenstehende nicht recht – bisher sind keine Details zum wichtigen vierten Quartal verfügbar. Auf den Geschäftsbericht müssen Investoren bis 28. März warten.

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