Logistik

Hamburgs Erster Bürgermeister will den Hafen stärken

Jahrelang hat der Hamburger Hafen Marktanteile verloren, auch 2023 ging der Containerumschlag zurück. Nun will Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher eine Trendwende herbeiführen.

Hamburgs Erster Bürgermeister will den Hafen stärken

Hamburgs Erster Bürgermeister will den Hafen stärken

ste Hamburg

Der Zeitpunkt, um in einer Regierungserklärung für die Zustimmung zum umstrittenen Einstieg der in Genf ansässigen Mediterranean Shipping Company (MSC) beim Hamburger Hafenkonzern HHLA zu werben, war von Hamburgs Erstem Bürgermeister geschickt gewählt. Denn so konnte Peter Tschentscher am Mittwoch die am 13. September 2023 verkündete Entscheidung, das wichtigste Hafenunternehmen künftig gemeinsam mit der von der italienischen Aponte-Familie dominierten weltgrößten Containerreederei als Joint Venture zu führen, mit unerquicklichen Zahlen begründen.

Am Montag vergangener Woche hatte erst die HHLA vermeldet, 2023 bei einem um 7,5% auf 5,92 Millionen Stahlboxen gesunkenen Containerumschlag unter dem Strich mit 20 Mill. Euro weniger als ein Viertel des Vorjahresergebnisses verdient zu haben. Dann legte an diesem Dienstag die Marketingorganisation des größten deutschen Seehafens mit der Botschaft nach, insgesamt hätten sich die Ladungsmengen an den Kaikanten im vorigen Jahr um 6,9% auf 7,7 Millionen Standardcontainer (TEU) und damit auf das niedrigste Niveau seit 2010 weiter verringert. Kaum tröstlich, dass der Rückgang in Rotterdam und Antwerpen mit 7% bzw. 7,2% noch etwas größer ausfiel. Im Wettbewerb mit den beiden größeren Nordrange-Häfen hat Hamburg über Jahre hinweg Marktanteile verloren.

Durchgriff bei HHLA

Das Ergebnis 2023 zeige, dass die HHLA im Bereich der maritimen Logistik mittlerweile kaum noch eine Dividende zahlen könne, betonte Tschentscher in seiner Rede in der Hamburgischen Bürgerschaft, dem Parlament des Stadtstaats. Zugleich sei der Investitionsbedarf hoch, die Effizienz und die Auslastung der Terminals müssten verbessert werden. Diese Entwicklung sei für die HHLA und ihre Beschäftigten bedrohlich, und es wäre, so der SPD-Politiker, "verantwortungslos, den Dingen weiter ihren Lauf zu lassen".

Seit dem Jahr des HHLA-Börsengangs 2007 habe sich erwiesen, dass man keine strategische Ziele in der Unternehmensentwicklung durchsetzen könne, wenn sich große Teile des Unternehmens im Streubesitz befänden. Es sei daher erforderlich gewesen, einen strategischen Partner zu finden, der die an der Börse gehandelten außenstehenden A-Aktien im Umfang von 30,75% und weitere Anteile von 19,15% von der Stadt erwirbt. Der aber zugleich auch akzeptiert, dass er erheblich zur Ladungsbindung und Auslastung der Hamburger Terminals beizutragen hat und dass ein Verzicht auf die Mehrheit der Stadt an der HHLA für den Senat nicht in Frage kommt.

Warum nicht Hapag-Lloyd?

MSC, so Tschentscher, sei dazu bereit. Für die in Hamburg ansässige größte deutsche Containerreederei Hapag-Lloyd, an der Hamburg mit 13,9% beteiligt ist, kam indes nur eine Mehrheitsposition in Frage. Hamburgs seit März 2018 amtierender Bürgermeister nutzte seine Rede, die Bedeutung von Hapag-Lloyd als "Premiumpartner" für die Auslastung des Hafens und für die Stadt als Zahler von Dividenden über 2,5 Mrd. Euro in den vergangenen Jahren zu unterstreichen. Und um in diesem Zusammenhang zu betonen, wie sinnhaft die Entscheidung des seit 2011 von der SPD geführten Senats gewesen sei, einen Mehrheitsverkauf der Reederei an ausländische Investoren verhindert und weitere Anteile vom damaligen Miteigentümer Tui übernommen zu haben.

In den beiden ersten von Olaf Scholz geführten Senaten war der 58 Jahre alte Tschentscher Finanzsenator, ehe er diesem als Erster Bürgermeister Hamburgs folgte. Zu den wichtigsten beteiligungspolitischen Wegmarken in diesen Jahren gehörte auch der erreichte Verkauf der im Zuge der Finanzkrise 2008/09 mit Kapitalhilfen und Garantien gestützten HSH Nordbank Ende 2018 an Finanzinvestoren.

Der gebürtige Bremer Tschentscher, der seine Tätigkeit als Arzt 2011 aufgab, um Mitglied des Senats zu werden, könnte mit den Plänen für die HHLA zum Ziel gelangen. Die Chancen scheinen nicht schlecht. In der Debatte am Mittwoch wurde aus den Reihen der rot-grünen Koalitionsfraktionen signalisiert, dass eine Mehrheit für den Deal, der vor allem von Gewerkschaften und HHLA-Beschäftigten abgelehnt wird, im Parlament zustande kommen könnte. Die entscheidende Abstimmung in der Bürgerschaft wird für Ende Mai erwartet.

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