Technologieriese

Microsoft-CEO Nadella trumpft zum Jubiläum auf

Microsoft-CEO Satya Nadella hat den Technologieriesen vom stagnierenden Endgeräte-Dienstleister zum wertvollsten Unternehmen der Welt geformt. Nun muss er das Cloud-Wachstum erneut antreiben.

Microsoft-CEO Nadella trumpft zum Jubiläum auf

Microsoft-CEO Nadella trumpft zum Jubiläum auf

Von Alex Wehnert, New York

Statt den Kopf in den Wolken zu tragen, hat Satya Nadella die Wolke im Kopf. In seinen zehn Jahren an der Spitze von Microsoft hat der gebürtige Inder den Software-Riesen zum wertvollsten Unternehmen der Welt geformt – um den Erfolgskurs fortzusetzen, muss der CEO im Cloud-Geschäft anhaltend auftrumpfen. Und Hoffnung der Anleger darauf, dass der Windows-Konzern die Konkurrentin Alphabet im Segment auch künftig aussticht und zu Amazon aufschließt, hat zuletzt neue Nahrung erhalten.

Denn das hohe Interesse an durch künstliche Intelligenz (KI) unterstützten Microsoft-Produkten verleiht dem Tech-Giganten im Geschäft mit der Bereitstellung von Computer-Ressourcen Schub. Die Erlöse aus dem Segment Intelligent Cloud legten im Ende Dezember abgeschlossenen zweiten Quartal des Geschäftsjahres 2024 um 20% auf 25,88 Mrd. Dollar zu, wobei sich die Plattform Azure mit einem Wachstum um 30% als Treiber erwies.

Konkurrenz hinkt hinterher

In der Folge kletterte der Konzernumsatz um 18% auf 62 Mrd. Dollar und der Nettogewinn um 33% auf 21,9 Mrd. Dollar – dies bedeutete die stärksten Anstiege seit Sommer 2022 bzw. Herbst 2021. Zwar erholten sich die Cloud-Erlöse im gleichen Zeitraum auch bei Alphabet, die Rivalin hinkt den Wachstumsraten von Microsoft Azure aber nach wie vor hinterher.

Der in Hyderabad geborene Nadella war bei der Entwicklung von Microsoft vom auf Programme und Client Services für Endgeräte fokussierten Unternehmen zum führenden Cloud-Dienstleister schon lange vor seinem Aufstieg zum CEO zentrale Figur. Nach einem Studium der Elektrotechnik in seinem Geburtsland sowie einem Master-Abschluss in Informatik an der University of Wisconsin-Milwaukee stieß er 1992 zum Softwarekonzern und machte sich einen Namen als effektiver Manager. Nachdem er 1997 einen MBA an der Booth School of Business der University of Chicago aufsattelte, bekam er mit Beginn des Jahrtausends die Chance, sich auf höherer Ebene zu beweisen.

Ballmers folgenreiche Fehlentscheidungen

Damals hatte Steve Ballmer Unternehmensmitgründer Bill Gates gerade an der Vorstandsspitze abgelöst – und sollte in den Folgejahren nach Ansicht vieler Analysten weitreichende Fehlentscheidungen treffen. Investoren kritisieren den bulligen Detroiter angesichts der jahrelangen Stagnation des Aktienkurses dafür, dass Microsoft Trends bei wachstumsstarken Verbrauchertechnologien verpasst habe.

In die Tech-Geschichte ging Ballmers Lacher in Reaktion auf die Vorstellung des iPhone im Jahr 2007 ein. Über den Apple-Verkaufsschlager sagte er, dieser spreche "keine Geschäftskunden an, weil es nicht über eine Tastatur verfügt". Seine Prognose, das iPhone werde keine bedeutenden Marktanteile gewinnen, sollte sich als gewaltige Fehleinschätzung herausstellen. Währenddessen führte Ballmers Versuch, die Smartphone-Sparte von Microsoft durch die Übernahme des Kerngeschäfts von Nokia zu retten, zum Zerwürfnis mit dem Verwaltungsrat und letztlich zum Abschied des CEO im Jahr 2014.

Wandel in der Firmenkultur

Nachfolger Nadella hat in der Zwischenzeit zumindest bei den Zukunftsthemen Cloud und Enterprise Software eine Outperformance gegenüber dem Markt erzielt und Anteile gewonnen. Als CEO tritt er weit weniger laut auf als sein Vorgänger, der infolge seiner häufig brüllend vorgetragenen Einlassungen eine Stimmbandoperation benötigte.

Dennoch setzt Nadella einen Wandel in der Firmenkultur durch: Er verordnet seinen Mitarbeitern ein "Growth Mindset" – hinter dem Konzept steckt die Grundhaltung, dass Talente nicht festgelegt, sondern formbar sind. Die Faszination des CEO für das Wachstumsdenken begann, als ihm seine Frau ein Buch der Forscherin Carol Dweck schenkte. Wichtiges Element des "Growth Mindset" ist Selbstreflexion. Nadella versucht, das Prinzip vorzuleben, wobei sein mit Hirnschädigung geborener, auf den Rollstuhl angewiesener Sohn Zain als Inspiration dient.

Schwerer Schicksalsschlag

Zain verstarb Ende Februar 2022 – auf den Schicksalsschlag folgten Nadellas wohl größte Erfolge als Manager. Bereits 2019 hatte er eine Kooperation mit und Investitionen in die KI-Schmiede OpenAI angestoßen, deren Textgenerator ChatGPT seit November 2022 einen gewaltigen Nutzerzulauf erhält.

Nadella beschloss, die Suchmaschine Bing mit OpenAI-Anwendungen auszurüsten, und startete damit einen neuen Angriff auf Google. Zudem legte Microsoft den Software-Assistenten Copilot für die Office-Produktsuite auf. Der Assetmanager Alliance Bernstein bezeichnet die KI-Produkte von Microsoft als "bedeutend fortschrittlicher als das, was vonseiten der Konkurrenz verfügbar ist". Und Nadella betont: "Wir sind vom Reden über KI zum Einsatz von KI im großen Stil übergegangen." Zugleich würgte der Microsoft-Chef einen Putsch des OpenAI-Verwaltungsrates gegen Gründer Sam Altman ab und zeigte, dass er jederzeit wach ist – statt den Kopf in den Wolken zu tragen.

Satya Nadella hat Microsoft zum wertvollsten Unternehmen der Welt geformt.

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