Roberta Metsola ist wie erwartet mit einer breiten Mehrheit zur neuen Präsidentin des Europäischen Parlaments gewählt worden. Die zur christdemokratischen EVP-Fraktion gehörende Malteserin setzte sich am Dienstag an ihrem 43. Geburtstag bereits im ersten Wahlgang durch: Sie erhielt bei der Wahl in Straßburg 458 der 616 abgegebenen gültigen Stimmen.

Metsola hatte sich gegen zwei Gegenkandidatinnen behauptet: Die Linke hatte die Spanierin Sira Rego ins Rennen geschickt, die Grünen die Schwedin Alice Bah Kuhnke. Sozialdemokraten und die liberale Renew-Fraktion hatten keine eigenen Kandidaten aufgestellt und Metsola unterstützt.

Metsola folgt damit auf den italienischen Sozialdemokraten David Sassoli, der in der vergangenen Woche im Alter von 65 Jahren überraschend gestorben war. Es war allerdings schon 2019 nach der Europawahl vereinbart worden, dass es einen Wechsel an der Parlamentsspitze zur Mitte der Legislaturperiode geben soll. Ursprünglich hatte der EVP-Fraktionsvorsitzende Manfred Weber (CSU) das Amt übernehmen sollen – er hatte sich aber bereits im Herbst anders entschieden.

Metsola ist jetzt die jüngste Präsidentin, die das EU-Parlament jemals hatte. Und sie ist erst die dritte Frau auf diesem Posten nach den beiden Französinnen Simone Veil (1979 bis 1982) und Nicole Fontaine (1999 bis 2002). Die Mutter von vier Söhnen, die mit einem Finnen verheiratet ist, sitzt bereits seit 2013 im Europaparlament und amtiert seit November 2020 als dessen erste Vizepräsidentin. Einen Namen machte sie sich unter anderem als Verfechterin des Rechtsstaats und als Kämpferin gegen Korruption. Sie wolle mithelfen, Europa den Bürgern näherzubringen und es sicherer, fairer und gleicher zu machen, sagte Metsola am Dienstag unmittelbar nach ihrer Wahl.

Die promovierte Rechtswissenschaftlerin, die sich schon seit ihrer Studienzeit politisch engagiert hatte, gilt als souveräne, selbstbewusste Politikerin mit viel Ehrgeiz. Manche Beobachter sagen ihr gar Ambitionen auf die politische Spitze in Malta nach. In den vergangenen Tagen hatte es innerhalb des Parlaments allerdings auch Kritik an Metsola wegen ihrer Haltung zur Abtreibung gegeben, die sie ablehnt. Sie hatte in der Vergangenheit gegen Resolutionen gestimmt, in denen die Mitgliedstaaten zur Legalisierung der Abtreibung aufgefordert wurden. Dies hatte allerdings vor allem mit ihrer Herkunft zu tun: Malta ist das einzige EU-Land, in dem Abtreibung verboten ist und nur in sehr speziellen Ausnahmefällen durchgeführt werden darf. Die Politik in Malta ist sich weitgehend einig in ihrer ablehnenden Haltung. In einem Interview stellte Metsola allerdings in diesen Tagen klar, es sei eine „Karikatur“, wenn man sie nun als Abtreibungsgegnerin bezeichnen würde.

Bei der Wahl der 14 Vizepräsidenten des EU-Parlaments setzten sich im ersten Wahlgang unter anderem die frühere Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) und Rainer Wieland (CDU) durch. Wieland war in den vergangenen Tagen in die Schlagzeilen geraten, weil ihm eine Art Luxussanierung seines Büros für mehr als 600000 Euro vorgeworfen wurde. Er selbst hatte die Anschuldigungen wenige Tage vor der Wahl zum Parlamentspräsidium als „politisch motiviert“ zurückgewiesen. Die FDP-Abgeordnete Nicola Beer wurde im zweiten Wahlgang erneut zur Vizepräsidentin gewählt.