RECHT UND KAPITALMARKT - IM INTERVIEW: JULIA CRAMER

BGH entscheidet über Haftung beim Kauf eines Kommanditanteils

Gericht klärt erstmalig die Rechtsstellung des Veräußerers

BGH entscheidet über Haftung beim Kauf eines Kommanditanteils

Frau Cramer, der Bundesgerichtshof (BGH) hat zur Frage “Wie hafte ich als Erwerber eines Anteils an einem geschlossenen Fonds?” eine Leitsatzentscheidung getroffen. Was ist der Hintergrund?Ausgangspunkt für die Entscheidung ist die Klage eines Anlegers, der sich im Jahr 2011 mittelbar an einem Publikumsfonds beteiligt hat – und zwar als Treugeber über die Gründungs- und Treuhandkommanditistin. Diese wiederum soll die ihr obliegende vorvertragliche Aufklärungspflicht gegenüber dem Kläger verletzt haben. Im Jahr 2015 hat die Gründungs- und Treuhandkommanditistin ihren Anteil an die nun beklagte Partei verkauft. Was bringt der Kläger vor?Der Kläger macht nunmehr zwei Ansprüche geltend: Erstens soll die Gründungs- und Treuhandkommanditistin zum Zeitpunkt des Beitritts des Klägers zum Fonds ihre Aufklärungspflichten nicht erfüllt haben. Dem Kläger würde daher ein Anspruch aus der sogenannten Prospekthaftung auf Rückabwicklung seiner Beteiligung an dem Fonds zustehen. Zweitens soll nun der Beklagte – als Erwerber des Anteils – für diesen Anteil haften. Wie hat der BGH entschieden?Die Karlsruher Richter haben in dritter Instanz entschieden, dass der Erwerber eines Kommanditanteils nicht für eine vorvertragliche Aufklärungspflichtverletzung seitens des Veräußerers haftet. Der BGH hat insofern erstmalig konkretisiert, in welchem Umfang die Rechtsstellung des Veräußerers – die ja ausschlaggebend für die Haftung ist – bei der Übertragung eines Kommanditanteils auf den Erwerber übergeht. Der BGH hat die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben. Was sind die rechtlichen Grundlagen der Entscheidung des BGH?Zum einen ist da die sogenannte Gründungsgesellschafterhaftung: Wer einen Vertragsschluss anbahnt, hat grundsätzlich gewisse Schutz- und Aufklärungspflichten gegenüber der anderen Partei. Bei Publikumsfonds obliegen diese Pflichten den bereits beigetretenen Gesellschaftern – allerdings nur, wenn diese dem Fonds nach Auflegung nicht “rein kapitalistisch” beigetreten sind. Die Gesellschafter müssen also den Beitritt mittels Vertragsgestaltung und Beitragsverhandlungen mit veranlasst haben. Sofern die Aufklärungspflichten verletzt werden, haften die Gründungsgesellschafter nach Maßgabe der Prospekthaftung im weiteren Sinne. Der BGH hat nun aber auch geregelt, inwieweit der Erwerber eines Anteils an einer Kommanditgesellschaft haftet. Was gilt in einem solchen Fall?Der springende Punkt ist hierbei die Rechtsstellung. Prinzipiell ist es so, dass der Erwerber eines Kommanditanteils in die Rechtsstellung des veräußernden Gesellschafters eintritt. Der Erwerber haftet damit insbesondere für die Verbindlichkeiten des Altgesellschafters gegenüber der Gesellschaft oder gegenüber Mitgesellschaftern, die vor seinem Eintritt in die Kommanditgesellschaft begründet wurden. Inwiefern konkretisiert der BGH diesen Grundsatz?Der BGH konkretisiert in seinem Urteil, welche Verbindlichkeiten der Erwerber eines Kommanditanteils übernimmt. Sogenannte “sonstige Verbindlichkeiten” gehen gerade nicht auf diesen über. Um eine solche Verbindlichkeit handelt es sich bei der vorvertraglichen Aufklärungspflicht eines Gründungsgesellschafters. Welchen Grund nennt der BGH dafür?Grund für die Konkretisierung ist, dass die fehlerhafte Aufklärung nicht der Gesellschaft zugerechnet werden kann. Denn die Pflicht zur vorvertraglichen Aufklärung ist nicht im Verhältnis zwischen dem Altgesellschafter und der Gesellschaft oder den Mitgesellschaftern begründet. Die Aufklärungspflicht trifft also nur den veräußernden Altgesellschafter, und sie wird im Rahmen des Erwerbs des Kommanditanteils nicht von dem Erwerber übernommen. Julia Cramer ist Rechtsanwältin und Salaried Partnerin bei Heuking Kühn Lüer Wojtek. Die Fragen stellte Sabine Wadewitz.