Pariser Klimaabkommen

Ein Abkommen als Urknall für Klimainvestments

In Paris haben erstmals alle teilnehmenden Industrie- und Entwicklungsländer vereinbart, die menschengemachte Erderwärmung im Vergleich zu vorindustriellen Werten auf deutlich unter zwei Grad Celsius zu begrenzen.

Ein Abkommen als Urknall für Klimainvestments

Es war ein globaler Meilenstein, der in der Historie seinesgleichen sucht. Vor rund sechseinhalb Jahren, am 15. Dezember 2015, beschlossen in Paris 196 Staaten sowie die Europäische Union (EU) das Pariser Klimaabkommen. Transnationale Vereinbarungen zum Klimaschutz oder zum nachhaltigen Wirtschaften sind an sich genommen keine Innovation, schon das Protokoll von Kyoto samt Emissionshandelbeschlüssen sollte vor knapp 25 Jahren den CO2-Ausstoß eindämmen. Jedoch war es in Paris so, dass erstmals alle teilnehmenden Industrie- und Entwicklungsländer vereinbarten, die menschengemachte Erderwärmung im Vergleich zu vorindustriellen Werten auf deutlich unter zwei Grad Celsius zu begrenzen, möglichst sogar auf unter 1,5 Grad.

Seit 2015 hat sich vieles verändert. Die USA traten als zweitgrößter Emittent von Treibhausgasen im November 2020 unter dem damaligen Präsidenten Donald Trump zunächst aus dem Abkommen aus, bevor Trumps Nachfolger im Präsidentenamt Joe Biden diesen Schritt jedoch zwei Monate später wieder rückgängig machte. Seitdem lässt Biden keinen Zweifel daran, wie hoch er den Klimaschutz priorisiert. Auch der größte CO2-Emittent der Welt, China, hat sich verpflichtet, bis 2060 klimaneutral sein zu wollen. Die EU will die Treibhausgase bis 2030 um 55% verringern und bis 2050 klimaneutral werden. Obwohl die Welt in der Zwischenzeit durch die Corona-Pandemie und den Krieg in der Ukraine erschüttert wurde, stehen die Themen Klimawandel und Umweltschutz weiter ganz oben auf der globalen Prioritätenliste. Anfang dieses Jahres hat beispielsweise der UN-Klimarat IPCC angemahnt, dass das Zeitfenster zur Erreichung der ehrgeizigen Reduktionsziele immer kleiner wird. Entsprechend groß ist der gesellschaftliche und politische Druck.

Auch in der Finanzbranche ist das Thema deshalb längst angekommen. Doch wie lässt sich Nachhaltigkeit und Klimaschutz produktseitig so umsetzen, dass Anleger die Möglichkeit haben, ihre Renditeziele in Einklang zu bringen mit den eigenen Wertvorstellungen? Eine Antwort kann die Implementierung von ESG-Kriterien in ETFs sein. ETFs sind per se regelbasiert sowie transparent und können somit vielen Anleger die Hürde nehmen, in nachhaltige Produkte zu investieren. Eine Produktreihe, auf die sich dabei ein genauerer Blick lohnen kann, sind die Paris-Aligned-Benchmark-ETFs.

Die Geschichte dieser ETFs beginnt 2018 mit der Gründung der Technical Expert Group (TEG) durch die EU. Die TEG besteht aus 35 Mitgliedern, die sich aus Vertretern aus Zivilgesellschaft, Wissenschaft, Wirtschaft, Finanzsektor sowie der EU und dem öffentlichen Sektor zusammensetzt. Die Aufgaben der TEG waren die Entwicklung des sogenannten EU-Klassifikationssystems, auch als Taxonomie bekannt. Dieses definiert, ob eine wirtschaftliche Tätigkeit nachhaltig ist oder nicht. Daneben entwickelte die TEG außerdem den Green-Bond-Standard, ein Label für grüne Anleihen, sowie eine Methodologie für Klima-Benchmarks. Letzteres stellte sich als besonders prägend heraus und manifestierte sich vor allem darin, Empfehlungen für Screening-Kriterien zu entwickeln, um Unternehmen, die einen substanziellen Beitrag zum Klimaschutz leisten, herauszufiltern. So wurde ein Fundament gelegt, um nachhaltige Investments transparenter zu gestalten. Zugleich wurde definiert, inwieweit ein Investment als nachhaltig gilt. Damit hat die TEG die Voraussetzungen für eine allgemeingültige Nachhaltigkeitsbewertung sowie Standards für eine nachhaltige Geldanlage geschaffen.

Aktienseitig sind so die Paris Aligned Benchmarks (PAB) entstanden. Mit diesen Benchmarks hat die EU die methodologische Grundlage für die Finanzindustrie entwickelt, Finanzströme auf Unternehmen umzulenken, die sich aktiv daran beteiligen, den Klimawandel zu begrenzen. Die EU hat unumstößliche Standards gesetzt. Mit der PAB definiert sie Mindestanforderungen, die ein Index erfüllen muss, um als „Paris-aligned“ zu gelten, also als ausgerichtet auf die Ziele des Pariser Klimaabkommens. Damit macht die EU es für Anleger so einfach wie nie zuvor, ihre Geldanlage nachhaltig aufzustellen und den Klimaschutz mitzugestalten.

Um das zu erreichen, stellt die Paris Aligned Benchmark hohe Anforderungen. Kernindikator ist der Treibhausgas-Ausstoß. Zwar werden neben Firmen aus der Tabak- oder Waffenindustrie vor allem Unternehmen aus dem Index exkludiert, die ihren Gewinn ganz oder teilweise aus fossilen Energieträgern gewinnen. Insgesamt liegt der Fokus aber nicht ausschließlich auf Ausschlüssen, sondern vielmehr auf Anreizen zum Wandel. Unternehmen, die beispielsweise einen hohen Treibhausgas-Ausstoß haben, werden aus einem PAB-Index nicht einfach ausgeschlossen, sondern im Verhältnis untergewichtet. Finanzströme werden also aktiv auf Unternehmen umgeleitet, die klimafreundlicher wirtschaften.

Breite Palette an Indizes

Der Indexanbieter MSCI hat eine breite Palette an Paris Aligned Indices (PAI) entwickelt, deren Kriterien teilweise noch höher liegen als die der EU. So muss unter anderem der CO2-Fußabdruck eines PAI mindestens 50% niedriger sein als die des Mutterindex. Zudem muss laut PAI-Anforderungen die Treibhausgas-Intensität jährlich um weitere 7% reduziert werden, MSCI legt hier sogar einen Maßstab von 10% an. Unternehmen, die sich Ziele zur Emissionsreduktion setzen, werden übergewichtet. Eine weitere Vorgabe für die PAI ist, dass der Anteil an „grünem Umsatz“, also an Umsatz aus erneuerbaren Energien, nachhaltiger Landwirtschaft oder ökologischem Bau, mindestens viermal höher gewichtet wird als „braune Umsätze“ aus der Kohle- oder Ölenergie. Hinzu kommen weitere Kriterien, die alle darauf ausgerichtet sind, Unternehmen zu fördern, die ihre Verantwortung für den Klimaschutz wahrnehmen. So werden in der Methodologie etwa auch die sogenannten Scope-3-Emissionen berücksichtigt. Das heißt, es werden nicht nur direkt vom jeweiligen Unternehmen ausgestoßene Emissionen berücksichtigt, sondern auch solche, die beispielsweise im Zulieferungsprozess entstehen.

Auf diese Weise werden die Anleger bei der Erfüllung ihrer Netto-Null-Verpflichtungen unterstützt. Darüber hinaus sind diese Indizes vollständig auf die Empfehlungen der Task Force on Climate-Related Financial Disclosures (TCFD) abgestimmt. Dieses aus den G20 entsprungene Gremium sorgt für einen einheitlichen Informationsfluss rund um klimabewusste Geldanlage. Die Paris Aligned Indizes und ETFs, die auf ihnen basieren, sind der nächste Entwicklungsschritt in der nachhaltigen Geldanlage.

Klimarisiken managen

Sie ermöglichen es Anlegern, ihre Klimaziele noch effektiver zu verfolgen und Klimarisiken in den Portfolios zu managen. Und die Klimarisiken dürften in den kommenden Jahren zunehmen. Die Hintergründe: Die Reduzierung der Erderwärmung fordert von uns allen ein schnelles und konsequentes Handeln. Dieser Impuls ist auch gesellschaftlich angekommen, das Thema ist dauerhaft präsent. Das sorgt dafür, dass Unternehmen, die sich bestimmten Maßnahmen verweigern oder diese nur unzureichend umsetzen, vermehrt im Risiko stehen, dass ihre Geschäftsmodelle in einem absehbaren Zeitraum nicht mehr tragbar sind. Dieses Risiko gilt dann im Umkehrschluss auch für Anleger, die dann von Verlusten bedroht sind. Solche sogenannten Stranded Assets möchte niemand im Portfolio haben. Umso wichtiger ist es, dass Anlegern der Weg in nachhaltige Investments so einfach wie möglich gemacht wird. Die Paris Aligned Benchmarks können ihnen für Investmentprodukte, die sich auf die Bekämpfung des Klimawandels fokussieren, eine wichtige Orientierung bieten.

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