RECHT UND KAPITALMARKT

Mit Nebenwirkungen aus dem Risiko

Folgen staatlicher Unterstützung über den WSF können weit reichen

Mit Nebenwirkungen aus dem Risiko

Von Andrés Martin-Ehlers und Holger Hofmann *)Vielen Unternehmen droht in der Coronakrise ohne weitere Unterstützung das Aus. Der Staat versucht, in verschiedenen Formen finanziell zu unterstützen. Für die Unternehmen hat das neben zahlreichen Pflichten unter Umständen auch ungeahnte Risiken und Nebenwirkungen: Sie können als quasiöffentliches Unternehmen dem Vergaberecht unterworfen sein.Den Rahmen für die Unterstützungsmaßnahmen soll in besonders bedeutsamen Fällen zukünftig der geplante Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) setzen. Er soll Rekapitalisierungsmaßnahmen ermöglichen wie zum Beispiel den Erwerb von nachrangigen Schuldtiteln, Hybridanleihen, Genussrechten, stillen Beteiligungen, Wandelanleihen und den Erwerb von Anteilen an Unternehmen. Blaupause Finanzkrise?Die entscheidende Frage für Unternehmen wird sein, mit welchen Vorgaben und Regularien der Staat diese Unterstützung verbindet. Bereits bei der Unterstützung der Banken in der Finanzmarktkrise setzte er einen Fonds auf, der unter anderem die Beteiligung an der Commerzbank im Wege einer stillen Einlage ermöglichte. Voraussetzung für die Unterstützungsmaßnahmen war, dass die Unternehmen des Finanzsektors allgemein die Gewähr für eine umsichtige und solide Geschäftspolitik bieten mussten. Hierzu wurde ein Rahmen mit bestimmten Vorgaben zur Verwendung der Unterstützungsgelder gesetzt. Dieser Rahmen sah unter anderem Vorgaben für die geschäftspolitische Ausrichtung, die Verwendung der aufgenommenen Mittel, die Vergütung der Organe, die Eigenmittelausstattung und die Ausschüttung von Dividenden vor.Diese Einflussnahme bezweckte nicht in erster Linie eine unternehmerische Kontrolle, sondern stattdessen die Aufrechterhaltung der Kreditvergabe an kleine und mittlere Unternehmen. Dieses Muster soll jetzt auch die Blaupause für zu unterstützende Unternehmen in der aktuellen Krise sein: Der derzeit vorliegende Entwurf für das Gesetz zum WSF lehnt sich eng an das Finanzmarktstabilisierungsgesetz an. Erneut ist die solide und umsichtige Geschäftspolitik des begünstigten Unternehmens Grundvoraussetzung einer Förderung. Dieser allgemeine Begriff wird dahin konkretisiert, dass die begünstigten Unternehmen insbesondere einen Beitrag zur Stabilisierung von Produktionsketten und zur Sicherung von Arbeitsplätzen leisten sollen. Dies kann durch Auflagen und Bedingungen näher konkretisiert werden. Der weitere Rahmen mit Vorgaben entspricht im Wesentlichen dem Finanzmarktstabilisierungsgesetz.Bei diesen Vorgaben ist insgesamt eine feine Linie zu beachten: Werden Unternehmen durch staatliche Unterstützung vom normalen Markt abgekoppelt und in bestimmter Weise durch den Staat kontrolliert, dann kann dies dazu führen, dass Aufträge durch diese Unternehmen öffentlich ausgeschrieben werden müssen: Bereits 2008 wurde darüber diskutiert, dass die staatlichen Stabilisierungsmaßnahmen das unternehmerische wirtschaftliche Risiko erheblich verringern und ein begünstigtes Unternehmen dadurch außerhalb allgemeiner Marktstrukturen agieren kann. Kommt dann noch ein bestimmter Einfluss auf die Geschäftspolitik verbunden mit Informations- und Prüfrechten hinzu, kann das zu einer regelmäßigen Kontrolle des Unternehmens in Form der Beherrschung durch Aufsicht über die Leitung führen.Eine Beherrschung durch Aufsicht ist jedenfalls in kartellrechtlicher Sicht bei sogenannten strategischen Vetorechten gegeben, die nach Auffassung der Europäischen Kommission rechtliche Kontrolle und somit im Einzelfall möglicherweise die Eigenschaft eines öffentlichen Auftraggebers begründen.Mit massiven Folgen: Die allgemeine Beschaffung von Gütern und Dienstleistungen wird ausschreibungspflichtig und gestaltet sich deutlich komplexer und langwieriger. Das liegt unter anderen an stark formalisierten Ausschreibungsverfahren und den Rechtsschutzmöglichkeiten unterlegener Bieter. Bis die Rechtmäßigkeit des Verfahrens nicht geklärt ist, kann ein Auftrag in der Regel nicht erteilt werden. Dazu kommt, dass die Entscheidungsspielräume der Leitungsorgane eingeschränkt werden, auch weil sie gegebenenfalls ihre Strategie mit politischen Entscheidungsträgern abstimmen müssten. All dies kann Managemententscheidungen verzögern. Der Vorteil einer finanziellen Unterstützung würde konterkariert.Wenn also finanzielle Hilfsmaßnahmen in Anspruch genommen werden, muss sehr genau auf die im Gegenzug eingeräumten Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten auf die Geschäftstätigkeit des begünstigten Unternehmens geachtet werden. In diesem Spannungsfeld gilt es, mit Augenmerk zu gestalten. *) Dr. Andrés Martin-Ehlers und Holger Hofmann sind Partner bei Oppenhoff in Frankfurt und Köln.