EU-Kommission

2022 nur wenig Kartellstrafen aus Brüssel

Die EU-Kommission hat 2022 so wenig Kartellstrafen gegen Unternehmen verhängt wie seit Jahren nicht mehr. Die Wettbewerbsbehörde verhängte im abgelaufenen Jahr lediglich in zwei Fällen Bußgelder über insgesamt 188,6 Mill. Euro – noch weniger als im Corona-Jahr 2020.

2022 nur wenig Kartellstrafen aus Brüssel

ahe Brüssel

Die EU-Kommission hat 2022 so wenig Kartellstrafen gegen Unternehmen verhängt wie seit Jahren nicht mehr. Die Wettbewerbsbehörde verhängte im abgelaufenen Jahr lediglich in zwei Fällen Bußgelder über insgesamt 188,6 Mill. Euro, wie aus der neuen Jahresstatistik der zuständigen Brüsseler Generaldirektion hervorgeht. Diese Summe war noch geringer als im Corona-Jahr 2020, als Kartellstrafen von 288,1 Mill. Euro gezählt wurden. Im vergangenen Jahr addierten sich die Strafen dagegen auf 1,75 Mrd. Euro. Auch 2019 war mit 1,48 Mrd. Euro die Milliardenschwelle überschritten worden.

In diesem Jahr ging es im Juli zunächst um ein Vertriebskartell mit Metalldosen und -verschlüssen in Deutschland. Den beiden beteiligten Unternehmen Crown und Silgan wurden Geldbußen über insgesamt 31,5 Mill. Euro aufgebrummt. Ende November entschied die EU-Kommission dann über ein Einkaufskartell auf dem Handelsmarkt für Styrolmonomer (Styrol); das ist ein chemisches Zwischenprodukt, das für die Produktion vieler anderer chemischer Erzeugnisse wie Kunststoffe, Harze, Gummi und Latex wichtig ist. Die mehr als 157 Mill. Euro an Geldbußen wurden auf die beteiligten Unternehmen Sunpor, Synbra, Synthomer, Synthos und Trinseo verteilt. Straffrei ging dagegen Ineos aus, das die Kronzeugenregelung in Anspruch genommen hatte.

Noch keine Entscheidung aus Brüssel gab es beim mutmaßlichen Anleihekartell von Deutscher Bank und der niederländischen Rabobank. Wie die EU-Kommission Anfang Dezember zwar schon in einer vorläufigen Auffassung ausführte, hatten beide Institute von 2005 bis 2016 wettbewerbsschädigende Ab­sprachen für den Handel mit Euro-Staatsanleihen, sogenannten SSA-Anleihen, sowie gedeckten und staatlich garantierten Schuldverschreibungen getroffen. Eine Entscheidung über Bußgelder dürfte nun aber erst 2023 anstehen – wobei die Deutsche Bank in diesem Zusammenhang bereits von „bedingter Immunität“ gesprochen hatte.

Laut der EU-Statistik entfielen seit 2010 rund 21% aller Kartellstrafen auf den Finanzsektor. Die Deutsche Bank war etwa 2013 schon in einem Euro-Zinsderivate-Fall zu einer Kartellstrafe von 466 Mill. Euro verdonnert worden. Rund die Hälfte der Geldbußen ging allerdings an das verarbeitende Gewerbe beziehungsweise die verarbeitende Industrie. Allein die Autozulieferer waren für knapp 12% der Geldbußen seit 2010 verantwortlich gewesen.

Derzeit sieht es so aus, als würde die jetzige EU-Kommission unter der Führung von Präsidentin Ursula von der Leyen deutlich weniger Kartellstrafen verhängen als ihre Vorgängerinnen. In ihren bisherigen drei Jahren summierten sich die Kartellstrafen gerade einmal auf 2,22 Mrd. Euro. In der fünfjährigen Amtszeit von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker waren es 8,27 Mrd. Euro gewesen. Und in den zwei Amtszeiten von José Manuel Barroso waren es 9,36 Mrd. und 7,92 Mrd. Euro gewesen. Allerdings ist die zuständige Wettbewerbskommissarin unter von der Leyen und Juncker in beiden Fällen die Dänin Margrethe Vestager, die das Amt 2014 vom Spanier Joaquín Almunia übernommen hatte.

Die größten Geldbußen aus Brüssel hatte bislang das Lkw-Kartell (2016/17) mit Strafen von 3,8 Mrd. Euro nach sich gezogen. Es folgten das Devisenkartell (2019/21) sowie das Kartell im Bereich von TV- und Computermonitoren (2012) mit Geldbußen von je 1,4 Mrd. Euro.

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