Wirecard-Prozess

Anwalt von Markus Braun attackiert Strafermittler

Am zweiten Verhandlungstag des Wirecard-Prozesses wies der Verteidiger des Hauptangeklagten die Schuld seines Mandanten ab. Ex-CEO Markus Braun sei in die Machenschaften nicht involviert gewesen.

Anwalt von Markus Braun attackiert Strafermittler

sck München

Im Wirecard-Strafprozess vor dem Landgericht München hat zum Wochenauftakt der Verteidiger des Hauptangeklagten Markus Braun die Schuld von seinem Mandanten zurückgewiesen. In seiner Eingangserklärung nach der vorgelesenen Anklageschrift warf An­walt Alfred Dierlamm stattdessen der Staatsanwaltschaft schwere Ermittlungsfehler vor und beschuldigte den Kronzeugen Oliver Bellenhaus und den flüchtigen Jan Marsalek der Haupttäterschaft im Betrugsskandal des im Juni 2020 zusammengebrochenen Zahlungsabwicklers.

Dem Vorsitzenden Richter Markus Födisch kündigte er am zweiten Verhandlungstag des Mammutverfahrens an, zu beantragen, den Prozess gegen den Ex-Vorstandschef des früheren Dax-Mitglieds auszusetzen.

Oliver Bellenhaus, der einstige Statthalter des Konzerns in Dubai, tritt im Strafverfahren als Kronzeuge der Staatsanwaltschaft auf. Dieser legte bereits ein Geständnis ab. Ex-Vorstand Marsalek ist seit den aufgeflogenen Bilanzmanipulationen auf der Flucht und hält sich laut Medienberichten in Moskau versteckt.

Entgegen den Aussagen von Bellenhaus hat es Dierlamm zufolge auch nach dem Jahr 2015 die strittigen Drittpartnergeschäfte bei Wirecard gegeben. Er berief sich dabei auf Zahlungsbelege, die er und seine Kanzleikollegen ausgewertet hätten. Demnach seien Einzahlungen von Drittpartnern auf inländische Konten des Zahlungsabwicklers von mehr als 1 Mrd. Euro festzustellen gewesen. Davon wiederum flossen mehr als 700 Mill. Euro an „Schattengesellschaften“. Dafür sei Bellenhaus verantwortlich gewesen. Dieses Rechercheergebnis widerlege die Angaben des Kronzeugen, dass es bei den dubiosen Drittpartnergeschäften von 2015 an nur noch Luftbuchungen gegeben habe („null Umsatz“).

In diesen Machenschaften tauchte Braun nicht auf, so Dierlamm. Für die Tatvorwürfe gegen Braun gebe es keine Belege. „Bellenhaus hat in seiner Vernehmung dieses Geld verschwiegen. Bellenhaus ist nicht Kronzeuge, sondern Haupttäter.“ Der Staatsanwaltschaft warf er zugleich vor, die Angaben von Bellenhaus unkritisch übernommen zu haben. Dierlamm sprach von einer „Vorverurteilung“ von Braun, die „beispiellos“ sei. Dazu hätten eine „Kette fataler Fehler der Staatsanwaltschaft und weitere Ereignisse“ beigetragen. Bellenhaus sitzt ebenfalls auf der Anklagebank.

Dessen Anwalt bekräftigte indes die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft und wies Dierlamms Darstellung zu­rück. „Wirecard (…) war ein Blendwerk“, sagte Florian Eder. Die Strafermittler werfen den Angeklagten gewerbsmäßigen Bandenbetrug, Un­treue, unrichtige Darstellung und Marktmanipulation vor. Derweil verurteilte das Landgericht Stuttgart den früheren Konzernabschlussprüfer EY dazu, dem Insolvenzverwalter Akteneinsicht zu gewähren.

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