Energiepolitik

Schweden will Atomkraft kräftig ausbauen

Während Deutschland bei der Energiewende ganz auf Kernenergie verzichtet und allein auf erneuerbare Energien setzt, will Schweden seinen Kernkraftwerkspark kräftig ausbauen, um auf CO2-Energien verzichten zu können. Das dürfte die AKW-Debatte in Berlin wieder aufleben lassen.

Schweden will Atomkraft kräftig ausbauen

Die schwedische Regierung hält die Atomkraft für einen entscheidenden Baustein auf dem Weg in eine klimafreundlichere Zukunft. Die Klimawende mit der Elektrifizierung von Industrie und Verkehr erfordere eine Verdopplung der Stromproduktion und die Kernkraft müsse einen großen Anteil dieser Zunahme ausmachen, sagte Klima- und Umweltministerin Romina Pourmokhtari am Mittwoch in Stockholm. Bis 2045 müsse Atomkraft zugebaut werden, die mindestens der Leistung von zehn neuen konventionellen Reaktoren entspreche. Die Regierung arbeite mit voller Kraft daran, die Hürden zu beseitigen, die neuer Atomkraft im Land bislang im Weg stünden.

In Schweden sind derzeit drei Atomkraftwerke mit insgesamt sechs Reaktoren in Betrieb, drei davon am Standort Forsmark, zwei in Oskarshamn und einer im Kraftwerk Ringhals. Oscarshamn ist über eine Tochterfirma mehrheitlich im Besitz der deutschen Uniper AG. Ein Umstand, der dazu führt, dass nach der Verstaatlichung von Uniper nun die die deutsche Bundesregierung indirekt zum Hauptbetreiber eines Kernkraftwerks in Schweden geworden. Auch das haben die Verwerfungen auf dem Energiemarkt nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine mit sich gebracht.

Neben Uniper ist der schwedische Staatskonzern Vattenfall der große Akteur auf dem Energiemarkt Schwedens. Er betreibt auch mehrheitlich das AKW in Forsmark. “Fossilfrei in einer Generation”, diesen Slogan von Vattenfall hat mittlerweile auch die schwedische Regierung übernommen. Und die Kernkraft zählt auch in Schweden als fossilfreie Energie. Derzeit kommen rund 30 Prozent des Stroms aus den Kernreaktoren. Den Rest liefern Wasser- und Windkraft. Fossile Energieträger wie Gas und Kohle spielen in Schweden schon heute praktisch keine Rolle mehr.

Zusammen machen die Kernkraftwerke in etwa 30% der schwedischen Stromerzeugung aus. Die konservative Regierung und ihre rechtspopulistische Unterstützerpartei, die Schwedendemokraten, hatten sich vor Amtsantritt im Herbst 2022 darauf geeinigt, die Atomkraft auszubauen.

Rechtlich ist in Umweltgesetzen aber bislang festgelegt, dass maximal zehn Atomreaktoren gleichzeitig in Schweden in Betrieb sein dürfen und keine neuen Reaktoren außerhalb von Forsmark, Oskarshamn und Ringhals gebaut werden dürfen. Die Beschränkungen rühren aus einer Zeit, da die Frage der friedlichen Nutzung der Kernenergie auch in Schweden nicht unumstritten war. Schon 1980 – nur gut ein Jahr nach dem Reaktorunfall im US-amerikanischen Harrisburg – stimmte eine Mehrheit der Schweden in einer Volksabstimmung für einen langsamen Ausstieg aus der Kernkraft. Bis spätestens 2010 sollte Schluss sein. Selbst die Atomforschung wurde eingeschränkt, die Zahl der Standorte auf am Ende drei und die Zahl der Reaktoren auf zehn beschränkt.

All das will die Regierung nun kippen. Dies stehe einem modernen Blick auf die Atomenergie im Weg, sagte Pourmokhtari. Bereits zu Jahresanfang hatte Ministerpräsident Ulf Kristersson angekündigt, den Bau von neuen Atomkraftwerken an mehr Standorten ermöglichen zu wollen. Im Herbst will die Regierung nun einen Fahrplan für den kräftigen Ausbau der Atomkraft vorlegen, wie Pourmokhtari ankündigte.