Aktionärskritik auf der Hauptversammlung

Zweifel an der Luxusstrategie von Mercedes-Benz

Aktionäre von Mercedes-Benz sind nach den schwächeren Geschäftszahlen im ersten Quartal 2024 alarmiert. Auf der Hauptversammlung des Autoherstellers sind die Elektromobilität und ein großer Markt besonders im Blick.

Zweifel an der Luxusstrategie von Mercedes-Benz

Zweifel an der Luxusstrategie von Mercedes-Benz

Aktionäre sind nach schwächeren Quartalszahlen alarmiert

jh München

Der Fehlstart von Mercedes-Benz ins Jahr 2024 mit einer deutlich gesunkenen operativen Marge beschäftigt die Aktionäre. Auf der virtuellen Hauptversammlung richteten mehrere Aktionäre und Vertreter von ihnen Fragen an den Vorstand im Zusammenhang mit der Luxusstrategie, dem verlangsamten Wandel zur Elektromobilität und dem wichtigsten Markt China.

Roland Klose von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz sprach von schlechten Zahlen im ersten Quartal. Der Umsatz ist um mehr als 4% gesunken, die bereinigte Umsatzrendite im Pkw-Geschäft von 14,8% vor einem Jahr auf 9,0% gestürzt. Da stelle sich die Frage, was wichtiger sei: Marge oder Volumen, sagte Klose. Das geringere Tempo der Transformation bereite Sorgen. Die Autohersteller müssten länger an einer Doppelstrategie mit Verbrenner- und Elektrofahrzeugen festhalten.

Der elektrische Stern flackert in China noch, und es wird Zeit, ihn hell zu erleuchten.

Ingo Speich, Deka Investment

Aus der Sicht von Ingo Speich von der Deka Investment werfen die jüngsten Geschäftszahlen Fragen auf. Er zweifelt daran, dass die neuen Elektroautos von Mercedes-Benz den Durchbruch im wichtigsten Markt der Welt, in China, bringen. „Der elektrische Stern flackert in China noch, und es wird Zeit, ihn hell zu erleuchten“, sagte Speich. Aus dem niedrigen Kurs-Gewinn-Verhältnis der Aktie von nur 6 zog er den Schluss: „Die Luxuspositionierung ist am Kapitalmarkt nicht gelungen.“ Wunsch und Wirklichkeit lägen weit auseinander. Die Deka unterstütze die Luxusstrategie, erwarte aber, „dass sie auch in einem schwieriger werdenden Umfeld konsequent und fokussiert bleibt“.

Janne Werning von Union Investment kritisierte die im Vergleich mit dem Dax und anderen Autowerte unterdurchschnittliche Kursentwicklung von Mercedes-Benz. Mit Blick darauf und auf die um 10 Cent auf 5,30 Euro je Aktie erhöhte Dividende sagte Werning: „Die Börse hat offensichtlich Zweifel, dass in Zukunft so hohe Ausschüttungen erfolgen werden."

Ihre aktuelle Klimabilanz enttäuscht.

Janne Werning, Union Investment

Die Strategie von Vorstandschef Ola Källenius werfe viele Fragen auf. Werning wies darauf hin, dass der Umbau zu einem reinen Anbieter von Elektroautos langsamer vorwärtskomme, als von Källenius gedacht. In China verliere das Unternehmen Marktanteile. Und: „Ihre aktuelle Klimabilanz enttäuscht“, monierte Werning und erwähnte, dass Mercedes-Benz in China und den USA die Emissionsziele verfehle und deshalb dort einen Ausgleich an Hersteller von Elektroautos zahlen müsse.

In seiner Antwortrunde sagte Källenius im Zusammenhang mit der Doppelstrategie, Mercedes-Benz habe schon immer darauf hingewiesen, dass die Marktbedingungen und die Kundenwünsche entscheidend seien. Er wiederholte die seit Februar geäußerte Position: In den kommenden Jahren werde es sowohl Elektroautos von Mercedes-Benz geben als auch hochmoderne elektrifizierte Verbrennerfahrzeuge. „Wenn die Nachfrage da ist, bis deutlich in die 2030er-Jahre“, fügte er hinzu.

Neuer Aufsichtsratschef

Zuvor hatte der Vorstand das Ziel verfolgt, von 2030 an überall, „wo es die Marktbedingungen zulassen“, nur noch vollelektrische Autos zu verkaufen. Källenius betonte, die Produktionsnetzwerke und Lieferketten des Unternehmens seien so ausgelegt, dass sich auf den Fertigungslinien sowohl Elektroautos als auch Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor herstellen ließen.

Der neue Aufsichtsratschef von Mercedes-Benz und sein Vorgänger: Martin Brudermüller (63; links) und Bernd Pischetsrieder (76). Foto: Mercedes-Benz

Die Hauptversammlung am Mittwoch war die letzte für Bernd Pischetsrieder als Aufsichtsratsvorsitzenden von Mercedes-Benz. Vor einem Jahr hatte er Martin Brudermüller als seinen Nachfolger vorgeschlagen, der bis vor kurzem Vorstandsvorsitzender der BASF war. Klose von der DSW gab zu bedenken, dass Brudermüller als Branchenfremder in die großen Fußstapfen von Pischetsrieder trete. Pischetsrieder war Vorstandschef von BMW und später von Volkswagen gewesen. Dem Nachfolger empfahl Klose, die als BASF-Chef gezeigte "Neigung zur China-Fokussierung“ zu hinterfragen.