Künstliche Intelligenz

Alibaba schockt mit Rolle rückwärts

Die Aktie von Alibaba stürzt in New York und Hongkong ab, weil der Techkonzern völlig unerwartet auf das angekündigte IPO des Cloud-Computing-Geschäfts verzichtet.

Alibaba schockt mit Rolle rückwärts

Alibaba schockt mit Rolle rückwärts

Verzicht auf Abspaltung von Cloud-Geschäft wegen US-Chiprestriktionen

mf Tokio

Ein abrupter Strategiewechsel des chinesischen Technologieriesen Alibaba hat die Börsianer auf dem falschen Fuß erwischt. Die Aktie brach am Donnerstag in New York um 9% und am Freitag in Hongkong um 10% ein, weil Alibaba die geplanten Börsengänge des Cloud Computings und der Supermarktkette Freshippo aus heiterem Himmel absagte. Die Ankündigung einer ersten jährlichen Dividende von 2,5 Mrd. Dollar konnte die Aktionäre nicht beruhigen. Konzerngründer Jack Ma verschärfte die Verkaufswelle, weil sein Familientrust nahezu zeitgleich bekanntgab, 10 Mill. Aktien für 871 Mill. Dollar zu veräußern.

Die im März angekündigte Aufspaltung in sechs Geschäftsbereiche war die radikalste Restrukturierung von Alibaba und zielte auf mehr Autonomie sowie auf eine Wertsteigerung. Zwar gefährdete der Tech-Riese damit seine Marktführung in Chinas Digitalwirtschaft, aber im Hintergrund übte wohl auch die Regierung Druck aus, der Alibaba zu mächtig ist. Zuvor hatte sie schon Gründer Ma aus seinem Unternehmen gedrängt.

Organisches Cloud-Wachstum

Chairman Joseph Tsai und CEO Eddie Wu, zwei langjährige Mitarbeiter von Ma, begründeten den – so wörtlich – „Strategie-Reset“ mit den US-Beschränkungen für den Export von KI-Prozessoren nach China. „Die Umstände haben sich geändert", sagte Tsai. Nun will sich die Konzernführung auf das organische Wachstum der Cloud-Einheit konzentrieren und dabei zum führenden Anbieter von KI-Anwendungen in China werden, nachdem das E-Commerce-Potenzial weitgehend ausgeschöpft ist. „Die tiefgreifende Konvergenz von KI und Cloud Computing wird ein wichtiger Impuls für unsere zukünftige Entwicklung sein“, erklärte Tsai.

Durch die Beibehaltung des Cloud-Geschäfts kann der Konzern seinen wertvollen Bestand an leistungsstarken Nvidia-Chips behalten, die inzwischen nicht mehr nach China exportiert werden dürfen, und weiter selbst entscheiden, wie er die für KI-Dienste benötigte Rechenleistung verteilt. Im April hatte der Techkonzern sein eigenes generatives KI-Sprachmodell Tongyi Qianwen auf den Markt gebracht und es im Oktober aktualisiert.

Die notwendigen Investitionen will der Konzern aus eigener Kraft stemmen. „Wir beendeten das Quartal mit 63 Mrd. Dollar an Nettobarmitteln und haben in den letzten zwölf Monaten 27 Mrd. Dollar an freiem Cashflow generiert“, so Tsai. „Alibaba war noch nie in einer besseren finanziellen Lage, um in Wachstum zu investieren.“

Aber diese risikoreiche Perspektive schmeckte der Börse nicht, zumal der Umsatz der Cloud-Computing-Dienste im vergangenen Quartal kaum wuchs.

Die übrigen Quartalszahlen fielen solide aus. Die Einnahmen stieg um 8,5 % auf 224,79 Mrd. Yuan (28,7 Mrd. Euro) und brachten einen Gewinn von 27,7 Mrd. Yuan (3,5 Mrd. Euro) nach einem Verlust im Vorjahr.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.