DER DIALOG MIT DEN AKTIONÄREN

Anleger fragen - Aufsichtsräte antworten

Initiative der Wirtschaft präsentiert Leitsätze für den Dialog zwischen Investoren und Aufsichtsräten in Deutschland

Anleger fragen - Aufsichtsräte antworten

Aufsichtsräte börsennotierter Unternehmen sollten intensiver mit ihren Aktionären reden. Diese Empfehlung gibt eine Arbeitsgruppe, der für die Industrie unter anderem Jürgen Hambrecht und Ulrich Lehner, für die Investoren Hans-Christoph Hirt angehören.cd Frankfurt – Einen intensiveren Dialog zwischen Investoren und dem Aufsichtsrat (AR) in deutschen börsennotierten Unternehmen als Überwachungsorgan empfiehlt eine Arbeitsgruppe aus hochrangigen Vertretern von Industrie, Investoren und Wissenschaft. Hierzu hat die Initiative “Developing Shareholder Communication” acht Leitsätze erarbeitet.In den Leitsätzen zum Dialog zwischen Investor und Aufsichtsrat geht es vor allem um die Zusammensetzung und Vergütung des Aufsichtsrats, um die Vorstandsbestellung und -vergütung und um die Beteiligung des Aufsichtsrats an der Strategieentwicklung der Unternehmen. Die Initiative reagiert damit auf die geplante Änderung der EU-Aktionärsrechterichtlinie, wonach die institutionellen Investoren eine aktivere Rolle in der Überwachung börsennotierter Unternehmen übernehmen sollen. Dieses Vorhaben der EU-Kommission hat angesichts des in Deutschland dominierenden dualistischen Governance-Modells mit Vorstand und Aufsichtsrat viele Fragen nach der Rollenverteilung und Zuständigkeit der beiden Leitungsgremien aufgeworfen, insbesondere bei ausländischen Investoren.Hinter der Initiative stehen unter anderem Jürgen Hambrecht (Aufsichtsratsvorsitzender von BASF und Fuchs Petrolub), Ulrich Lehner (Aufsichtsratsvorsitzender von Deutscher Telekom und Thyssenkrupp), Hans-Christoph Hirt (Hermes Investment Management) und Daniela Mattheus (Partnerin und Leiterin der Corporate-Governance-Beratung von Ernst & Young). “Themen des Dialogs sollten in erster Linie die wesentlichen Grundsätze der Aufsichtsratsarbeit sein”, so Lehner (siehe Interview auf dieser Seite). Rechtliche GrauzoneDie Leitsätze habe man auch deshalb formuliert, weil der rechtliche Rahmen eines Dialogs zwischen Investor und Aufsichtsrat derzeit nicht klar definiert sei. Der Dialog sei aber durch das deutsche Aktien- und Kapitalmarktrecht auch nicht ausgeschlossen, betont Daniela Mattheus. Sie weist darauf hin, dass das aktienrechtliche Gleichbehandlungsgebot nicht eine Gleichstellung der Investoren fordere und insoweit auch dem Dialog mit einzelnen Investoren durch Aufsichtsrat oder Vorstand nicht im Wege stehe. Vielmehr komme es darauf an, dass es sachliche Gründe für die Auswahl der Investoren gebe, mit denen man das Gespräch suche.Im Fokus des Dialogs mit dem Aufsichtsrat stehe natürlich der institutionelle Investor, räumt Hambrecht im Interview der Börsen-Zeitung ein. Dabei handele es sich im Wesentlichen um persönliche Gespräche, bei denen die rechtlichen Rahmenbedingungen wie Insiderrecht und Gleichbehandlungsgrundsatz sichergestellt sein müssen. Die Hauptversammlung als Ort der Diskussion mit allen Aktionären will Hambrecht dadurch aber nicht entwertet wissen.Die Leitsätze sehen eine thematische Begrenzung des Dialogs vor. Aufgrund der “aktienrechtlichen Kompetenzordnung” sehe man ein Recht des Aufsichtsrats zum Dialog mit Investoren nur für jene Themen, die in den Verantwortungsbereich des Aufsichtsrats fallen. Außerdem sei der Dialog eine Option, aber keine Verpflichtung (Leitsatz 1). Themen des Dialogs seien die Zusammensetzung und Vergütung des AR (Leitsatz 2), die Binnenorganisation des AR und die Überwachungsprozesse (Leitsatz 3), die Vorstandsbestellung, -abberufung und -vergütung (Leitsatz 4), die Strategieentwicklung und -umsetzung (Leitsatz 5), die Auswahl des Abschlussprüfers (Leitsatz 6) sowie Umfang und Ausgestaltung des Dialogs (Leitsätze 7 und 8). Über einzelne Aufsichtsräte – sei es bei den Wahlvorschlägen oder der Effizienzprüfung – soll den Leitsätzen zufolge aber nicht gesprochen werden.Auch die Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex wird vorschlagen, eine grundsätzliche Empfehlung zum Dialog zwischen Investor und Aufsichtsrat in den Kodex aufzunehmen. Der Präsident der Regierungskommission, Manfred Gentz, war beratend an der Formulierung der Leitsätze beteiligt. Der Arbeitsgruppe gehören außerdem die Hochschullehrer Klaus J. Hopt und Alexander Bassen an, als Investorenvertreter Ingo R. Meinert (Allianz Global Investors) und Christian Strenger (Deutsche Asset Management) sowie als Investor-Relations-Fachmann Stephan Lowis (RWE).—-Zum Download der Leitsätze: www.governancematters.de